Kiel (dpa/lno). Farbattacken auf einen Privatflieger, eine Jacht und Fassaden: Schleswig-Holstein will bei Aktionen der Letzten Generation härter vorgehen. Die Staatsanwaltschaft hat Vorprüfungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung aufgenommen.

Nach Farbattacken der Klimaaktivisten-Gruppe Letzte Generation auf Sylt und in Neustadt in Holstein hat die Staatsanwaltschaft Flensburg Vorprüfungen auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung aufgenommen. Der Leitende Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft, Georg-Friedrich Güntge, betonte am Mittwoch vor dem Innen- und Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags jedoch, dass wegen dieses Tatvorwurfs noch keine Ermittlungen eingeleitet worden seien. Es seien dazu Informationen aus anderen Bundesländern nötig.

„Wir stehen noch am Anfang“, sagte Güntge. Es gebe aber personelle Auffälligkeiten. Beteiligte seien bei mehreren Vorfällen dabei gewesen. Nur eine Person komme aus Schleswig-Holstein. „Der Rest kommt aus dem übrigen Bundesgebiet.“ In einem Fall sei wegen Festklebens bereits Anträge auf Strafbefehle gestellt. Es gehe dabei um mögliche Geldstrafen wegen gemeinschaftlicher Nötigung. Die Staatsanwaltschaft Flensburg sei im Norden am meisten belastet, dort werde wegen neun Taten ermittelt.

Seit Februar registrierte die Polizei insgesamt 18 Protestaktionen der Gruppe in Schleswig-Holstein. Auf Sylt besprühten Mitglieder ein Privatflugzeug, eine Hotelbar und die Fassade eines Geschäfts mit Farbe. In der vergangenen Woche besprühte die Gruppe in Neustadt in Holstein eine Jacht mit Farbe. Mit ihren Aktionen will die Letzte Generation nach eigenen Angaben darauf aufmerksam machen, dass reiche Menschen mit ihrem Lebensstil deutlich mehr Kohlendioxid produzieren als Normalbürger. Bisher hatte sie vor allem mit Straßenblockaden und Attacken auf Kunstgegenstände Aufmerksamkeit auf sich gelenkt.

In der vergangenen Woche hatte die Landesregierung ein härteres Vorgehen bei Straftaten von radikalen Klimaschützern angekündigt. „Niemand von uns leugnet den menschengemachten Klimawandel und dessen Auswirkungen“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) im Ausschuss. „Aber niemand von uns akzeptiert, das Straftaten begangen werden.“ Der Zwecke heilige nicht jedes Mittel. Die Polizei agiere konsequent bei Zerstörung von Eigentum oder Nötigung.

Weil die Gruppe ihr Verhalten geändert habe, sei eine Anpassung des Polizeikonzepts notwendig, sagte Sütterlin-Waack. Der Staatsschutz ermittele in den Fällen zentral, es seien auch längerfristige Ingewahrsamnahmen von Tatverdächtigen möglich. Entsprechende Musteranträge lägen bereits vor. Nach einer Klebeaktion am Freitag während der Kieler Woche sei Antrag auf Ingewahrsamnahme bis zum Ende des Volksfestes gestellt, dies sei aber vom zuständigen Gericht abgelehnt worden.

Der SPD-Innenpolitiker Niclas Dürbrook sagte, ein großer Teil der Ankündigungen seien weitgehende Selbstverständlichkeiten. „Trotz gegenteiliger Beteuerungen ist auch im Ausschuss noch einmal deutlich geworden, dass die Koalition bei der Bewertung der letzten Generation und ihrer Aktionen weit auseinander liegt.“ Der erste Versuch einer härteren Gangart in der vergangenen Woche in Kiel sei gefloppt. „Bereits nach wenigen Stunden wurden drei Aktivisten in Kiel wieder laufen gelassen. Kein Wunder, dass dies vom Ministerium erst heute berichtet wurde.“

Bereits Mitte Juni hatte sich der schleswig-holsteinische Landtag klar von den umstrittenen Aktionen der Letzten Generation distanziert.