Kiel/Hamburg (dpa/lno). Die tödliche Messerattacke in einem Regionalzug hat die Menschen erschüttert. Nun schlagen Hamburg und Schleswig-Holstein der Innenministerkonferenz weitere Konsequenzen vor. Es geht um eine bessere Kommunikation zwischen Behörden, aber nicht nur darum.

Als Konsequenz aus dem tödlichen Messerangriff in einem Regionalzug bei Brokstedt fordern Schleswig-Holstein und Hamburg mehr Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen durch Waffenverbote. Außerdem setzen sie sich für eine bundesweite Automatisierung vorgeschriebener Mitteilungen zwischen Ausländer-, Polizei-, Justiz- und Justizvollzugsbehörden ein. Die Vorschläge reichten beide Länder zur Innenministerkonferenz in der nächsten Woche in Berlin ein. Eine bessere länderübergreifende Erfassung und Rückführung ausländischer Mehrfach- und Intensivtäter streben sie ebenfalls an, wie Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Mittwoch im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags erläuterte.

Der Palästinenser Ibrahim A. soll am 25. Januar in einem Zug von Kiel nach Hamburg bei Brokstedt Fahrgäste mit einem Messer angegriffen und zwei Menschen im Alter von 17 und 19 Jahren getötet haben. Fünf weitere wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe erhob Ende April Anklage wegen Mordes und versuchten Mordes. Die Aufarbeitung des Falles offenbarte unter anderem Defizite in der Kommunikation zwischen Behörden, gerade auch länderübergreifend. Ibrahim A. hatte auch in anderen Bundesländern Straftaten verübt.

Der Innen- und Rechtsausschuss nahm auch Berichte der Ministerinnen Kerstin von der Decken (Justiz/CDU) und Aminata Touré (Integration/Grüne) entgegen, die nach Brokstedt ebenfalls Initiativen zur Aufarbeitung gestartet haben. Zudem waren diverse Experten geladen, um Rede und Antwort zu stehen.

Hamburg und Schleswig-Holstein wollen laut Sütterlin-Waack in Zügen und Bahnhöfen auch die Videoüberwachung ausweiten und die Präsenz der Polizei in Zügen dadurch erhöhen, dass auch Polizeibeamtinnen und -beamte in Zivil den Fern- und Nahverkehr kostenfrei nutzen können. Im Hinblick darauf, dass kein Verfahren am fehlenden Wohnsitz scheitern soll, hätten die Überprüfungen ergeben, dass die Regelungen im Bundesmeldegesetz umfassend genug seien. „Weitere Maßnahmen, wie ein Register über wohnungslose Personen sind nicht zielführend, da niemand objektiv feststellen kann, wo sich die Personen tatsächlich aufhalten.“

Nach dem Willen Hamburgs und Schleswig-Holsteins sollen auch relevante Meldewege in Bezug auf aufenthalts-, asyl- und melderechtliche Verpflichtungen überprüft werden. Die Zahl der Messerattacken habe sich im öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt, erklärte Sütterlin-Waack. „Das ist erschreckend und nicht hinnehmbar.“ Insoweit sei es wichtig, die objektive Sicherheit und das Sicherheitsgefühl in Zügen zu erhöhen. „Darum setzen wir uns gemeinsam für bundesweite Waffenverbote sowie für die Ausweitung der Videoüberwachung in Zügen des Regional- und Fernverkehrs und an Bahnhöfen ein.“

Vor dem Hintergrund von Ereignissen wie in Brokstedt fordern beide Länder eine länderübergreifende standardisierte Verfahrensweise zur Erfassung ausländischer Mehrfach- und Intensivtäter. Die Identifizierung als Mehrfachtäter müsse bundesweit für Polizei, Ausländerbehörden und Justiz einsehbar sein. Beide Länder halten auch ein einheitliches Bewertungsverfahren zur Einstufung als Mehrfachtäter für sinnvoll. Damit würde das länderübergreifende Rückführungssystem für Straftäter verstärkt, um alle polizeilichen und aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen auszuschöpfen und um aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzusetzen.