Meldorf (dpa/lno). Vier jugendliche Mädchen quälen eine 13-Jährige und filmen die Handlungen. Die Tat löst bundesweit Entsetzen aus. Das Jugendschöffengericht zeigt jetzt die Konsequenzen auf.

Vier Mädchen müssen als Konsequenz für einen Überfall auf eine 13-Jährige in Heide gemeinnützige Arbeit leisten. Das Amtsgericht Meldorf (Dithmarschen) verwarnte das Quartett am Dienstag und erlegte den Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren jeweils 50 Stunden gemeinnützige Arbeit auf. Außerdem müssen sie als Gruppe ein Antigewalt- und Opferempathietraining absolvieren, wie eine Sprecherin des Landgerichts Itzehoe mitteilte. Die Verwarnung erfolgte wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung, Sachbeschädigung und Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen.

Die Angeklagten sollen das Mädchen am 21. Februar geschlagen und gedemütigt haben. Die Tat wurde per Smartphone gefilmt und im Internet verbreitet. Das Geschehen hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Die Verhandlung vor einem Jugendschöffengericht fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die angeklagten Jugendlichen waren strafrechtlich nicht vorbelastet. Sie hatten die Tat gestanden und sich bei dem Opfer entschuldigt, auch schon vor dem Prozess. Drei von vier Angeklagten erklärten nach Angaben der Sprecherin den Verzicht auf Rechtsmittel. Für sie ist das Urteil rechtskräftig.

Laut einem Bericht des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (SHZ) wurde dem Opfer unter anderem auf die Nase geschlagen und Zigarettenasche sowie Cola über den Kopf gegossen. Dabei habe das Mädchen verzweifelt geweint, panisch geatmet, gebettelt und gefleht. Ein etwa fünfminütiges Video zeige drei Schläge. Doch das Martyrium des Kindes soll länger gedauert haben, wie die Mutter dem Zeitungsverlag sagte. Dabei sollen die Jugendlichen später auch eine Zigarette auf der linken Wange der Tochter ausgedrückt und ihr die Haare angezündet haben.

Wegen der Tat läuft nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen zwei männliche Jugendliche. Zu der Gruppe, die die 13-Jährige misshandelte, gehörte auch ein gleichaltriges Mädchen. Da diese 13-Jährige aber nicht strafmündig ist, konnte gegen sie nicht ermittelt werden, wie ein Sprecher der Behörde erklärte.

Die Landesregierung hatte den Vorfall als „ein außergewöhnliches Gewaltvorkommnis“ bezeichnet. Der Fall Heide unterstreiche noch einmal die Bedeutung von Schulsozial- und Elternarbeit sowie von Präventionsangeboten der Polizei, hatte Staatssekretärin Dorit Stenke Anfang Mai im Bildungsausschuss des Landtags gesagt.

Zuvor hatte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) eine Auseinandersetzung mit der Frage gefordert, ob eine frühere Strafmündigkeit ein wirksames Mittel bei der Bekämpfung von Jugendkriminalität sein könnte. „Ich schließe eine Änderung bei der Strafmündigkeit nicht völlig aus“, sagte die Ministerin dem „Hamburger Abendblatt“.

Laut polizeilicher Kriminalstatistik ist die Kriminalität von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr stark gestiegen. Bei den unter 14-Jährigen nahm die Zahl der Tatverdächtigen um 21,9 Prozent zu. Die Polizei ermittelte 2332 Jungen und 1064 Mädchen. Bei den 14- bis 18-Jährigen betrug der Anstieg 14,9 Prozent. Es wurden 4714 männliche und 1850 weibliche Jugendliche als Tatverdächtige ermittelt.

Jugendtypische Delikte sind laut der Statistik vor allem Graffiti-Schmierereien, Verbreitung pornografischer Inhalte und Sachbeschädigungen auf Straßen, Plätzen und Wegen. Raubdelikte stehen an sechster Stelle, Körperverletzungen an neunter.

Auch bundesweit stieg der Anteil von Kindern an der Zahl der Tatverdächtigen stark an, und zwar um 35,5 Prozent auf 93 095 tatverdächtige Kinder (0 bis unter 14 Jahre). In Heide hatte es im vergangenen Jahr große Probleme mit Jugendkriminalität auf dem Südermarkt gegeben, weswegen der zentrale Platz vorübergehend zum „gefährlichen Ort“ erklärt worden war.