Kiel (dpa/lno). Bei der Planung von Nationalparks gibt es erfahrungsgemäß regelmäßig viel Kritik. Doch bestehende Nationalparks werden schnell sehr beliebt. Beim Nationalpark Ostsee ist noch nichts entschieden, die Beratungen beginnen erst.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) ist überzeugt, dass sich etwas Gutes aus den Gesprächen über den Schutz der Ostsee und einen möglichen Nationalpark ergeben wird. „Wir sind in der Phase des offenen Ohrs“, sagte er der dpa. „Wir wollen das nicht so machen, wie es bei anderen Nationalparks teilweise gelaufen ist, dass die Landesregierung ein fertiges Konzept hat und dann kaum noch etwas geändert werden kann.“

Innerhalb der zweiten Jahreshälfte 2023 sollen an sieben Workshops zu einzelnen Fachthemen jeweils rund 50 Personen teilnehmen, die die verschiedenen Interessen gut repräsentieren. Themen seien zum Beispiel Tourismus, Wassersport, regionale Wirtschaft, Land- und Wasserwirtschaft.

Dieser Prozess sei ergebnisoffen. „Klar ist aber, dass sich beim Schutz der Ostsee etwas verbessern muss“, machte Goldschmidt deutlich. Das stehe auch bereits in der Biodiversitätsstrategie der Landesregierung. Gebraucht würden Ruheräume für die Natur, also Meeresflächen, wo Natur auch Natur sein dürfe.

Er sei überzeugt, dass die Idee eines Ostsee-Nationalparks gut sein könne. „Aber ob das wirklich eine gute Idee ist und wie so ein Nationalpark dann aussehen soll, das wollen wir erstmal besprechen, bevor wir mit fertigen Konzepten vor Ort sind.“

In einem Verzahnungsworkshop sollen schließlich alle Argumente dokumentiert und bewertet werden. Am Ende werde es ein Ergebnisdokument geben, das die Grundlage für eine politische Entscheidung sein solle, sagte der Minister. Diese ist für 2024 geplant. Falls man sich für einen Nationalpark entscheide, werde anschließend ein ganz normales Gesetzgebungsverfahren mit allen weiteren Beteiligungsmöglichkeiten folgen.

Goldschmidt äußerte Verständnis für Fragen und Sorgen der Menschen in der Region. Viele Menschen lebten mit der Ostsee und von der Ostsee. „Ich habe vor Ort viel Skepsis wahrgenommen. Genau deshalb ist es so wichtig zu fragen, wie sich die Betroffenen einen besseren Ostseeschutz vorstellen können.“

Der Sinn eines Nationalparks sei nicht Einschränkung, sondern besserer Schutz. Das bedeute aber an der einen oder anderen Stelle auch Einschränkung. „Die Sperrung von touristischen Stränden wäre aus meiner Sicht ein unverhältnismäßiger Schritt, den auch niemand beabsichtigt.“ Örtlich und zeitlich begrenzte Sperrungen gebe aber es bereits und das sei breit akzeptiert.

Goldschmidt nannte das Beispiel St. Peter-Ording an der Westküste. Dort habe es bei der Ausweisung des Nationalparks Wattenmeer viel Widerstand gegeben. Heute sei der Nationalpark breit akzeptiert und eine der Hauptattraktionen für viele Touristen. Auch zum jungen Nationalpark Schwarzwald in Baden-Württemberg sei die Zustimmung nach anfänglichen Protesten rasch sehr groß geworden.

Betrachtet werden sollen rund 1600 Quadratkilometer der Ostsee. Mögliche Gebiete eines Nationalparks könnten die Flensburger Förde bis zur Schleimündung, die südliche Eckernförder Bucht und die östliche Kieler Bucht bis östlich von Fehmarn sein. Die Suchkulisse ende in der Regel 50 Meter vor der Strandlinie. Ein Nationalpark hätte zwei oder drei Schutzzonen, eine davon wäre Kernzone mit einem hohen Maß an Schutz, sagte der Minister. Eine solche Kernzone wäre aber keinesfalls Sperrgebiet. Man könnte dort beispielsweise mit einem Segelboot fahren.