Kiel (dpa/lno). Interview ja, Regierungserklärung nein - in der Debatte um die Haushaltspolitik seiner Koalition will Ministerpräsident Günther Forderungen aus der Opposition nicht folgen.

Die Haushaltspolitik der schwarz-grünen Regierung erhitzt weiter die politischen Gemüter in Schleswig-Holstein. Nach langem öffentlichen Schweigen verteidigte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) das vielumstrittene Vorgehen seiner Koalition. „Wir haben das gemacht, was wohl jeder Bürger und jede Bürgerin tun würde, wenn die Ausgaben steigen und die Einnahmen sinken“, sagte er dem „Flensburger Tageblatt“. „Wir haben alle nicht verbindlichen Ausgaben gestoppt und auf den Prüfstand gestellt - und dafür eine vorläufige Haushaltssperre verhängt.“

Mit dem Regierungsvorgehen befasst sich am Freitag der Landtag in einer Sondersitzung. Dabei wird in Kiel eine ausgesprochen muntere Debatte erwartet.

Die Haushaltssperre hatte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) am 16. Mai mit der Begründung verfügt, die Einnahmeerwartungen seien mit der Mai-Steuerschätzung drastisch gesunken. An diesem Dienstag wurde die Sperre wieder aufgehoben, nachdem das Kabinett sich auf einen Sparkatalog geeinigt hatte.

Das Kabinett habe Handlungsfähigkeit bewiesen und sehr schnell Einsparvorschläge zusammentragen, mit denen die Deckungslücke geschlossen werden könne, sagte Günther dem „Flensburger Tageblatt“. Eine Haushaltssperre sei das normale Instrument, das man in solchen Situationen verwende. „Erst nach der Steuerschätzung hat sich das ganze Ausmaß gezeigt, dass wir 2023 fast eine halbe Milliarde weniger Einnahmen haben als 2022“, sagte Günther. „Als das klar war, haben die Finanzministerin und ich deutlich gemacht, dass wir jetzt handeln müssen.“

Hart attackierte Günther die oppositionelle SPD. Diese sei mit ihrem schlechten Ergebnis bei der Kommunalwahl in Turbulenzen geraten; das Spitzenpersonal müsse um seine Posten kämpfen. „Deshalb findet bei der SPD gerade ein Überbietungswettbewerb statt, wer am lautesten keifen kann“, sagte Günther. „Dabei wird eine Skandalisierung betrieben, die jeglicher Grundlage entbehrt. Für mich ist das nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas.“

„Als ehemaliger Koalitionspartner sind wir zunehmend fassungslos, wie dilettantisch CDU und Grüne mittlerweile unser Bundesland regieren“, kommentierte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Günther und Heinold wollten ein selbstverschuldetes Desaster als normalen Vorgang und vernünftige Haushaltspolitik verklären. Die Regierung versuche, die Menschen für dumm zu verkaufen, meinte Vogt. Niemand glaube ihr, dass sie ihr Haushaltsproblem erst direkt nach der Kommunalwahl realisiert haben wolle. Und niemand verstehe den Grund für eine Haushaltssperre, die dann nach zwei Wochen hektisch aufgehoben worden sei.

„Der Ministerpräsident und die Finanzministerin haben mit ihrer schlechten Planung und ihrer Panik-Aktion völlig unnötig für viel Verunsicherung und Unverständnis im Land gesorgt“, meinte Vogt. Die Koalitionspartner wollten fehlende inhaltliche Schnittmengen mit zusätzlichen Ausgaben kaschieren. „Während für die Aufblähung der Regierung, ein überflüssiges zusätzliches Ministerium und grüne Spielwiesenprojekte Millionenbeträge verschleudert werden, muss nun bei Sozialem, Bildung und Sicherheit gekürzt werden.“

Günther müsse vor dem Parlament das Vorgehen der Regierung erklären, forderte Vogt. Vorgesehen ist aber, dass in der Sondersitzung Heinold für die Regierung spricht, nicht Günther. „Wenn der Ministerpräsident das verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen will, darf er vor der Parlamentsdebatte nicht kneifen und sollte dort ehrlich erklären, was in seiner Regierung schief gelaufen ist und was auf die Bürgerinnen und Bürger unter Schwarz-Grün noch zukommen wird“, äußerte Vogt.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Losse-Müller hatte für die Sondersitzung des Landtags eine Regierungserklärung Günthers gefordert. Das Vorgehen der Regierung habe große Verunsicherung in der Bevölkerung ausgelöst, heißt es dazu in einem Schreiben an Günther. Für Menschen und Institutionen, die auf Landesmittel angewiesen seien, sei bereits konkreter Schaden entstanden.

Die Gymnasiallehrer warnten die Regierung vor Einsparungen im Bildungsbereich. Abstriche auf Kosten von Lehr- und Lernbedingungen seien nicht hinnehmbar, erklärte der Philologenverband. Die Landesvorsitzende Barbara Langlet-Ruck zeigte sich alarmiert vom Angebot des Bildungsministeriums, 9,7 Millionen Euro einzusparen. „Die Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte in Schleswig-Holstein müssen schleunigst im bundesweiten Vergleich wettbewerbsfähig werden.“

Der Verband forderte eine Senkung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte, deren weitgehende Befreiung von außerunterrichtlichen Aufgaben und die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes. Eine weitere Abkoppelung von der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung werde der Verband nicht akzeptieren. Auch dürfe dem Lehrkräftemangel nicht mit einer Erhöhung der Arbeitszeit oder der verzögerten Besetzung von Stellen begegnet werden.