Hamburg (dpa/lno). Das Islamische Zentrum Hamburg wehrt sich gegen die Einstufung als extremistische Organisation und klagt vor dem Verwaltungsgericht. Es geht um die Verfassungsschutzberichte von 2018 und 2019. Eine Entscheidung lässt auf sich warten.

Im Streit um die Einstufung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) als extremistische Organisation ist die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Hansestadt am Mittwoch ohne Annäherung zu Ende gegangen. Das IZH will mit seiner Klage gegen die Hamburger Verfassungsschutzberichte von 2018 und 2019 unter anderem erreichen, darin nicht weiter als islamistische Organisation und verlängerter Arm der Regierung in Teheran bezeichnet zu werden. Vertreter des Landesamtes für Verfassungsschutz verteidigten ihre Einschätzung und beantragten, die Klage abzuweisen.

Mit einer Entscheidung des Gerichts ist nun im schriftlichen Verfahren erst in etwa drei Wochen zu rechnen (Aktenzeichen 17 K 5081/20 und 17 K 2179/21).

Zwischenzeitlich hatte es nach einem schnellen Richterspruch ausgesehen. So hatten sich die Parteien bereits darauf verständigt, die Klage gegen den Verfassungsschutzbericht von 2018 für erledigt zu erklären, da dieser aus datenschutzrechtlichen Gründen vom Verfassungsschutz gar nicht mehr öffentlich gemacht wird. Auf der Homepage des Landesamtes sind immer nur die letzten drei Berichte im Download verfügbar.

Auch die Klage der Islamischen Akademie Deutschland (IAD), die ebenfalls in dem 2018er-Bericht als extremistisch benannt ist, sollte deshalb als für erledigt erklärt werden. Da sich die Vertreter der Behörde aber weigerten, dazu „eine rechtsverbindliche Unterlassungserklärung in Form eines Unterlassungsvertrages“ abzugeben, könne er keine Erledigung erklären, sagte der Anwalt, der beide IZH und IAD vertritt.

Das IZH, das die Blaue Moschee an der Alster betreibt, wird vom Verfassungsschutz seit Jahrzehnten beobachtet und seit 1993 in den jährlichen Berichten erwähnt. Demnach steht das IZH für ein islamistisches Regime, das mit den Werten des Grundgesetzes nicht vereinbar ist.

Der Leiter des IZH ist der Vertreter von Irans Oberstem Religionsführer, Ajatollah Ali Chamenei, in Europa. Der IZH-Anwalt bestritt aber, dass Hadi Mofatteh auch den politischen Kurs der Regierung in Teheran vertritt. Auch habe er keinen Militärdienst bei den iranischen Revolutionsgarden geleistet, betonte er.

Ein Vertreter des Verfassungsschutzes verlas eine Erklärung des Bundesnachrichtendienstes, laut der Mofatteh 1991 „als wehrpflichtiger Offizier im Korps der Armee der iranischen Revolutionswächter“ gedient habe. Allerdings sei er in anderer Funktion in eine andere Behörde abgeordnet worden. Zudem seien Mofattehs öffentliche Lebensläufe bereinigt worden, „mit dem Ziel, ihn als unabhängigen islamischen Gelehrten ohne Verbindung zum iranischen System oder dessen Institutionen darzustellen“.

Der Anwalt des IZH betonte, dass es sich bei dem Dienst Mofattehs in einer Firma des Bergbauministeriums um einen „Ersatzdienst“ gehandelt habe. Er wolle die iranischen Revolutionswächter nicht verharmlosen, aber sein Mandant „hat mit denen nichts zu tun“, sagte er.

In Teheran gebe es „kein religiöses und weltlich voneinander getrenntes Regime“, sagte ein Vertreter des Verfassungsschutzes. Ziel der islamischen Revolution nach iranischer Lesart sei ein weltweiter Gottesstaat. Das IZH versuche, über verschiedenste Vereine und Einrichtungen Einfluss zu nehmen, um im Sinne des Tehraner Regimes zu wirken. Zudem verwies er auf Angaben der Bundesregierung, „dass staatliche Gelder an das IZH fließen“.

Weiterer Streitpunkt war die Beteiligung des IZH an den israelfeindlichen Al-Kuds-Demonstrationen in Berlin. Im Verfassungsschutzbericht von 2019 heißt es, dass sich wie in den Vorjahren IZH-Besucher daran beteiligt hätten. Anders als im Vorjahr seien aber keine IZH-Funktionäre auf der Demo gesichtet worden. Nicht auszuschließen sei jedoch, dass dieses Fernbleiben wegen des negativen Medienechos in den Vorjahren und heftiger Kritik aus der Politik und auch aus der Gemeinschaft der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) aus taktischen Gründen erfolgt sei.

2018 hatte der stellvertretende IZH-Leiter Seyed Mousavifar noch an der Al-Kuds-Demonstration teilgenommen. Er war im vergangenen Jahr des Landes verwiesen worden, da er nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Verbindungen zu Vertretern der libanesischen Terrororganisation Hisbollah unterhalten hatte. Auch der Gründer und damalige Leiter der Islamischen Akademie Deutschland, Hamidreza Torabi, war laut Verfassungsschutz 2018 noch auf der Al-Kuds-Demo.

Wie schon zu Beginn der mündlichen Verhandlung Ende April protestierten auch am Mittwoch wieder Gegner der iranischen Regierung in und vor dem Gericht. Mehrfach musste der Vorsitzende Richter auch das Publikum im Saal zur Ordnung rufen.