Kiel (dpa/lno). Sparvorschläge der Ressorts liegen vor, öffentlich sind sie noch nicht: In der nächsten Woche will die Landesregierung kundtun, wo sie den Rotstift ansetzt. Die Kritik am Vorgehen von Schwarz-Grün hält an.

Zur Konsolidierung der Landesfinanzen haben Ministerien und die Staatskanzlei in Schleswig-Holstein Sparvorschläge erarbeitet. Die Frist zur Vorlage bei Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) lief am Freitag um 12.00 Uhr ab. Konkretes teilte die Landesregierung auf Anfrage nicht mit. Die „finalen Maßnahmen“ würden in der kommenden Woche veröffentlicht, sagte eine Regierungssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Am Dienstag befasst sich der Finanzausschuss des Landtags mit der Haushaltslage und dem Vorgehen der Regierung, am Freitag in einer Sondersitzung das gesamte Parlament. Auch das Kabinett berät am Dienstag weiter.

Die schwarz-grüne Landesregierung von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) war in massive Kritik geraten. Zunächst hatte Finanzministerin Heinold nach ihren Angaben „im Schulterschluss“ mit Günther am Dienstag vergangener Woche eine Haushaltssperre auf den Weg gebracht - auch für Kabinettsmitglieder überraschend. Als Grund nannte sie stark sinkende Einnahmeerwartungen.

Massive Kritik aus Opposition und von Kürzungen betroffenen Organisationen folgten. Am Mittwoch dieser Woche kündigte Heinold an, die Sperre solle bis Ende nächster Woche aufgehoben werden - nachdem die Ressorts ihre Sparvorschläge eingebracht haben. Im laufenden Jahr ist eine Lücke von 120 Millionen Euro im Haushalt zu schließen; 2024 wird es deutlich mehr.

Ex-Finanzminister Ralf Stegner (SPD) sieht einen politischen Grund für die vorübergehende Haushaltssperre. Für eine solche Maßnahme gerade einmal zwei Tage nach den Kommunalwahlen habe es jedenfalls keinen erkennbaren sachlichen Grund gegeben, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Stegner geht davon aus, dass Unstimmigkeiten in der Koalition zu dem Vorgehen geführt haben. Im Fall von Konflikten im Kabinett würden diese durch eine Haushaltssperre erstmal ausgesetzt, weil fast alles haushaltsrelevant sei.

„Das Ganze hat Folgen für eine Menge Institutionen und Menschen“, rügte Stegner. „Deshalb finde ich das Vorgehen schon ein bisschen peinlich.“ Das Verhalten der Regierung passe eigentlich nicht zu Heinold, die er sehr schätze. „Es kann sein, dass sie eher das ausführende Organ war bei der Haushaltssperre.“ Günther hat sich bisher auch auf Anfrage nicht öffentlich zu den Vorgängen geäußert.

Die Koalition habe die öffentliche Reaktion nicht kalkuliert und bemühe sich nun um Schadensbegrenzung, meinte Stegner. „Das spricht nicht für Professionalität.“

Heinold hatte betont, die Haushaltssperre sei von vornherein als vorläufiges Instrument angelegt gewesen. Sie sei das richtige Instrument zum richtigen Zeitpunkt gewesen. Die Opposition warf der Regierung eine chaotische Haushaltspolitik vor.

Oppositionsführer Thomas Losse-Müller warnte die Regierung am Freitag vor einem strikten Sparkurs. Es dürfe keinen „Rückfall in Kürzungsorgien“ geben, sagte der SPD-Fraktionschef. Für Energiewende, Ausstieg aus fossilen Heizungen und Wohnungsbau seien massive Investitionen notwendig. Losse-Müller erneuerte seine Forderung nach einem Transformationsfonds. Im Norden seien bis 2030 Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro erforderlich, zum Beispiel für den Aufbau kommunaler Wärmenetze. Das Land werde auch 2024 mehr Steuereinnahmen haben als im laufenden Jahr.

„Die Frage, ob wir noch Industrie haben in Schleswig-Holstein, entscheidet sich jetzt“, sagte Losse-Müller. Die Haushaltssperre habe große Verunsicherung verursacht; der Vertrauensverlust im Land sei massiv. Dies liege auch daran, dass sich Günther nach dem Rückrudern bei der Haushaltssperre bisher nicht geäußert habe. „Das ist schlimmer als die Haushaltssperre.“

Auch ein breiter Zusammenschluss aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und weiteren Organisationen bekräftigte die Kritik. „Mit großem Erstaunen nimmt unser Bündnis die kurzfristige Aufhebung der Haushaltssperre zur Kenntnis, ohne dass konkrete Maßnahmen bekannt oder bewertbar wären“, hieß es in einer Mitteilung. „Zugleich weisen wir darauf hin, dass für den Bereich der sozialen Daseinsvorsorge Kürzungen nicht in Frage kommen können.“ Die Lage in der Bevölkerung und auf dem Wohnungsmarkt lasse dies nicht zu. Statt Mittelkürzungen müsse es einen Ausgleich für Inflation und Personalkostensteigerungen geben.

„Die kurzfristig ausgerufene Haushaltsperre hat zu massiver Unruhe und Ärger im ohnehin belasteten Sozialwesen geführt und existenzielle Sorgen ausgelöst.“ Die Landesregierung müsse seit Monaten nicht bearbeitete Bewilligungsbescheide schnellstmöglich an die Träger versenden. Diese bangten um ihre Existenz. Auch Fördermittel für Wohnen und sozialen Wohnungsbau dürften nicht gekürzt werden.