Hamburg (dpa/lno). Auf den Kabinettsbeschluss hat das Nationale Wirtschaftsforum Wasserstoff lange gewartet. Nun könne das „Henne-Ei-Hahn-Dilemma“ überwunden und der Ausbau der Wasserstoffnetze endlich möglich werden, meint der Präsident der Bundesnetzagentur.

Große Erleichterung in der Wasserstoffbranche nach dem Berliner Kabinettsbeschluss zur Netzplanung: „Deutschland hat die letzten Jahre im Henne-Ei-Hahn-Dilemma verbracht“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, am Mittwoch in Hamburg am Rande des 2. Nationalen Wirtschaftsforums Wasserstoff. Denn solange nicht klar sei, wo der Wasserstoff ankomme, sei auch nicht klar, wie er transportiert werde. Und damit seien auch keine Investitionen in die Verwendung des Wasserstoffs möglich.

Doch das werde nun mit dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung zur Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom Mittwoch anders. Wenn der Bundestag dem Gesetz zustimme, wovon er ausgehe, könne der Ausbau ähnlich wie beim seit Jahren funktionierenden Strom- und Gasnetz ablaufen, sagte Müller. „Damit durchbrechen wir dieses Dilemma, dass keiner so richtig loslegen kann, weil es dann natürlich eine Verpflichtung gibt, dieses Netz dann auch tatsächlich zu bauen.“

Mit dem Kabinettsbeschluss will die Bundesregierung einen zügigen Hochlauf des Wasserstoffmarkts erreichen und so die Dekarbonisierung vor allem von Wirtschaftsbereichen mit hohen Treibhausgasemissionen vorantreiben. „Mit der Schaffung des Rahmens für die Wasserstoffnetze gehen wir hier einen entscheidenden Schritt“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Mitteilung.

Zunächst soll das Wasserstoff-Kernnetz in einer ersten Stufe wichtige Wasserstoff-Infrastrukturen umfassen, die bis 2032 in Betrieb gehen sollen. Hierzu sollen zentrale Wasserstoff-Standorte angebunden und alle Regionen Deutschlands berücksichtigt werden. Bis Ende des Jahres soll dann in einer zweiten Stufe eine umfassende Wasserstoff-Netzentwicklungsplanung im EnWG verankert werden.

„Das ist die ganz entscheidende Voraussetzung, dass man sich darauf verlassen kann, wo kommt der Wasserstoff her, wie wird er quer durch Deutschland transportiert und wo kann er verwendet werden“, sagte Müller. Für die angestrebte Klimaneutralität sei mit Ökostrom erzeugter „grüner“ Wasserstoff dringend notwendig. „Alle sind sich einig, dass wir schneller werden müssen.“ Das betreffe etwa den Stromnetzausbau und die Genehmigungsverfahren, die bei den Flüssiggasterminals schon recht flott verlaufen seien.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) sprach von einem sehr wichtigen Gesetz. „Schleswig-Holstein begreift den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft auch als Schicksalsfrage für unser Land.“ Der Norden wolle bis 2030 rund 30 Gigawatt erneuerbare Energien installiert haben. „Heute haben wir zwei Gigawatt Nachfrage“, sagte Goldschmidt. Ein Wasserstoffstartnetz sei da eine der vielen Voraussetzungen für ein Gelingen des Projekts.

Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) erklärte in einer Mitteilung, die Metropolregion sei bereits jetzt ein Hotspot der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland. Mit den Unternehmen, der Wasserstoff-Importstrategie und dem Aufbau großer Elektrolyse-Anlagen wolle Hamburg Modellregion werden. „Grundlage dafür sind aber eindeutige nationale und EU-weite Regelungen und Rahmenbedingungen.“ Der Vorsitzende des Wasserstoff-Vereins Aqua Ventus und frühere Helgoländer Bürgermeister, Jörg Singer, begrüßte am Rande des Wirtschaftsforums, dass das künftige Wasserstoffnetz auch in die Nordsee reichen soll. Das könne ein Ansatz für eine europäische Vernetzung sein, sagte er.