Kiel (dpa/lno). Viele Menschen in Schleswig-Holstein warten noch darauf, dass ein Glasfaserkabel zu ihrer Wohnung gelegt wird. Anderenorts wird bereits das zweite Glasfasernetz über das erste gebaut. Aus Sicht des Wirtschaftsministeriums ist das keine gute Entwicklung.

Erst gar kein Glasfasernetz, am Ende möglicherweise zwei. Der so genannte Glasfaser-Überbau ist nach Ansicht von Technologie-Staatssekretärin Julia Carstens (CDU) ein zunehmendes Problem in Schleswig-Holstein. „Obwohl in vielen Regionen und Städten bereits leistungsstarke Glasfasernetze in der Erde liegen, verlegen derzeit Konzerne wie die Deutsche Telekom nochmals eigene Netze darüber und begründen dies mit politisch gewolltem Infrastrukturwettbewerb“, teilte sie am Freitag mit. Dabei gebe es auch nur ein Strom-, Gas-, Wasser- und Abwassernetz. In der Wahl ihrer Anbieter seien Bürger und Unternehmen trotzdem frei, betonte die Staatssekretärin. Aus Carstens Sicht verursacht der doppelte Ausbau unnötige Kosten, bindet Planungs- und Baukapazitäten und verursacht Aufwand bei Behörden, ohne in technischer Hinsicht erkennbaren Mehrwert zu schaffen. Als Beispiele nannte Carstens Projekte zum Beispiel auf Föhr, in Husum, Neumünster, Ahrensburg oder Preetz. Auch bundesweit sorgt der Glasfaser-Ausbau der Deutschen Telekom vor allem bei Stadtwerken für Unmut. In einer Umfrage des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) gaben 41 von 66 kommunalen Unternehmen an, dass es einen Überbau bei ihnen gebe oder dass sich dieser abzeichne. VKU-Chef Ingbert Liebing wertete das Umfrageergebnis als „Weckruf an die Bundesregierung“.

Auch Carstens sieht den Bund als Anteilseigner der Telekom in der Pflicht, sein Mitspracherecht zu nutzen, um Doppelstrukturen zu verhindern. „Mit einer Glasfaser-Abdeckungsquote von über 62 Prozent sind wir in Schleswig-Holstein bundesweit an der Spitze und können uns Hemmnisse durch den Überbau nicht leisten.“ Vor allem bei der Erschließung von Neubaugebieten sieht Carstens eine Schieflage: Früher seien diese Regionen für die großen Anbieter oft unattraktiv gewesen und man habe den Ausbau kommunalen Zweckverbänden überlassen. Nachdem nun viele Neubaugebiete entstanden seien, kämen die Konzerne, um ebenfalls Glasfaserleitungen zu verlegen.