Wiesbaden/Darmstadt/Kiel. 37 Jahre nach dem Mord an einer jungen Frau in Südhessen steht die Tat vor der Aufklärung. Der Verdacht richtet sich gegen einen Mann, der seit Jahren in einer speziellen psychiatrischen Einrichtung untergebracht ist. Die Ermittler geben aber noch nicht ihr ganzes Wissen zu dem Fall preis.

Die 15-jährige Jutta war nach einem Freibadbesuch auf dem Weg nach Hause, als sie vergewaltigt und ermordet wurde. Knapp 40 Jahre nach der Tat haben die Ermittler den mutmaßlichen Täter gefunden. Ein inzwischen 61 Jahre alter Mann steht unter dem dringenden Verdacht, die Jugendliche am 29. Juni 1986 in einem Wald bei Lindenfels im Kreis Bergstraße umgebracht zu haben, unweit von Juttas Elternhaus.

Wie die Staatsanwaltschaft Darmstadt, das Hessische Landeskriminalamt und das Polizeipräsidium Südhessen am Donnerstag mitteilten, wurde bei einer erneuten Untersuchung von Genspuren an den alten Beweismitteln DNA des Verdächtigen entdeckt. Zudem liegen den Ermittlern Zeugenaussagen vor, die den Tatverdacht erhärtet hätten. Nähere Angaben machte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen nicht.

Der gebürtige Bensheimer ist nach Angaben der Ermittler mehrfach wegen Sexualdelikten und anderer Straftaten verurteilt worden und befindet sich seit 2012 in einer speziellen geschlossenen Einrichtung für psychisch kranke Straftäter. Grundlage dafür war damals ein Urteil des Landgerichts Kiel. Wegen des Mordfalls in Südhessen erließ ein Untersuchungsrichter Haftbefehl wegen Mordes gegen den 61-Jährigen, er wurde anschließend in die geschlossene Einrichtung in Norddeutschland zurückgebracht, wo er zuvor bereits untergebracht war. „Der Beschuldigte macht aktuell zu dem Vorwurf keine Angaben“, teilten die Ermittler mit.

Als die 15-Jährige nach ihrem Freibadbesuch im Sommer 1986 nicht nach Hause zurückgekehrt war, wurde sie als vermisst gemeldet. Mehrere Suchaktionen verliefen erfolglos. Juttas Schicksal blieb gut eineinhalb Jahre ungeklärt, ehe ein Spaziergänger im Februar 1988 ihre skelettierte Leiche entdeckte. Die Jugendliche konnte über ihr Zahnschema, der Reste eines blauen Baumwollkleides sowie eines Bikinis identifiziert werden. Für die Ermittler war es zunächst sehr schwierig, die Todesursache zu klären.

Das Verbrechen landete schließlich bei den sogenannten Cold-Case-Einheiten von LKA und Polizei Südhessen, die ungeklärte Mordfälle von Zeit zu Zeit systematisch auf neue Hinweise überprüfen und mit neuer Kriminaltechnik auf bislang nicht entdeckte Spuren untersuchen.

Erst in der vergangenen Woche war der Fall in der ZDF-Sendung „XY... ungelöst“ vorgestellt worden. Man habe darauf gesetzt, Zeugenhinweise zu erhalten, die den bereits bestehenden Verdacht gegen den Mann weiter erhärten, erläuterte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt am Donnerstag. Im Nachgang der Sendung habe es dann einen solchen Hinweis gegeben. Wer der Zeuge mit dem entscheidenden Hinweis war, dazu machte der Sprecher zunächst keine Angaben.

Die Ermittler hatten unter anderem die Frage gestellt, wer sich am späten Nachmittag des 29. Juni 1986 im Odenwaldort Lindenfels, im dortigen Schwimmbad Lindenfels oder dem benachbarten Campingplatz in Schlierbach aufgehalten und bestimmte Gegenstände oder den mutmaßlichen Täter gesehen hat. An dem Tag war abends das Finale der Fußballweltmeisterschaft in Mexiko zwischen Deutschland und Argentinien. Außerdem endete am Nachmittag in der Nähe des Freibads das Jugendzeltlager der Freiwilligen Feuerwehren aus dem Odenwald.