Flensburg (dpa/lno). Aus Habgier soll ein Mann seine vermögende Ehefrau ermordet haben. Er soll Angst davor gehabt haben, dass sie ihn verlässt und er wieder mittellos wird. Der angebliche Heilpraktiker muss sich nun vor Gericht verantworten - neben Mord auch wegen Vergewaltigung von Patientinnen.

Er soll seine Ehefrau umgebracht und mehrere Frauen missbraucht haben, denen er vorspielte Heilpraktiker zu sein: Ein 54 Jahre alter Mann muss sich seit Dienstag vor dem Landgericht Flensburg unter anderem wegen Mordes und Vergewaltigung verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem deutschen Staatsangehörigen vor, seiner schwer kranken Frau Mitte August 2022 in einem kleinen Ort im Kreis Schleswig-Flensburg eine Überdosis eines Medikamentencocktails verabreicht zu haben, um sie zu töten. Als sie anders als von ihm erwartet, nicht sofort verstorben sei, habe er mit einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von etwa 20 Zentimetern zweimal in den Bauch der geschwächten Frau eingestochen, sagte die Staatsanwältin. Gestorben sei die Frau letztlich an einer Tablettenintoxikation.

Um den Mord als gemeinschaftlich geplanten Suizid darzustellen, soll der Angeklagte eine geringe Menge der Medikamente geschluckt und sich selbst mit dem Messer leicht verletzt haben. Der Angeklagte äußerte sich zu Prozessbeginn nicht zu den Vorwürfen.

Nach Ansicht der Anklagebehörde hatte der Mann nie vor, sich selbst zu töten. Er habe seine Frau vielmehr heimtückisch und aus Habgier getötet, weil er befürchtete seine vermögende Frau könnte sich von ihm abwenden. Der Grund laut Staatsanwaltschaft: Eine seiner Patientinnen erstattete Strafanzeige, als er ihr gedroht haben soll, heimliche Nacktaufnahmen zu veröffentlichen, weil sie die Behandlung abbrechen wollte. Es kam zu Hausdurchsuchungen, bei denen zahlreiche auch heimlich aufgenommene Nacktfotos von Patientinnen gefunden wurden. Seine Ehefrau stellte sich zunächst hinter ihn, fragte dann aber den Angaben zufolge immer kritischer nach. Daraufhin soll der Mann gefürchtet haben, seine Frau könnte sich trennen. Er habe beschlossen, sie zu töten, um seinen Lebensstandard zu halten und sich das Erbe zu sichern, sagte die Staatsanwältin.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem deutschen Staatsangehörigen zudem vor, ohne entsprechende Qualifikation als Heilpraktiker gearbeitet und wiederholt Patientinnen missbraucht zu haben. Insgesamt sind neben dem angeklagten Mord 18 Tatvorwürfe - davon acht Vergewaltigungen, drei sexuelle Übergriffe und sieben gefährliche Körperverletzungen - Gegenstand der Verhandlung. So soll der Mann zwischen 2014 und 2022 in dem gemeinsam bewohnten Haus seiner Ehefrau und Wohnungen der Opfer unter anderem teils schmerzhafte Massagen sowie nicht indizierte und schmerzhafte Maßnahmen im Intimbereich der Frauen vorgenommen haben, um sich sexuell zu erregen. Er soll ihnen bei seinen Behandlungen Finger und Gegenstände vaginal eingeführt haben. Einigen Frauen setzte er Spritzen beziehungsweise nahm ihnen Blut ab.

Keine der Handlungen sei medizinisch notwendig gewesen, sagte der Staatsanwalt, der diesen Teil der Anklage verlas. Es sei dem Angeklagten nur darauf angekommen, seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Keine der Frauen hätte den Behandlungen demnach zugestimmt, wenn sie von seinen fehlenden Qualifikationen gewusst hätten.

Zeugen wurden am ersten Verhandlungstag nicht vernommen. Der Prozess wird am 19. April fortgesetzt.