Kiel (dpa/lno). Der Haushalt 2023 für das Land Schleswig-Holstein legt mit Ausgaben von 16,7 Milliarden Euro kräftig zu. Zischen schwarz-grüner Koalition und Opposition gibt es nur wenig Einigkeit, ob das Zahlenwerk den Herausforderungen der Zeit gerecht wird.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat den Haushalt für das Jahr 2023 nach einer kontroversen Debatte mit den Stimmen von CDU, Grünen und SSW beschlossen. SPD und FDP stimmten dagegen. Die Fraktionschefs der Regierungskoalitionen, Tobias Koch (CDU) und Lasse Petersdotter (Grüne), bewerteten das Zahlenwerk am Mittwoch als zukunftsweisend. Nach Überzeugung des SPD-Oppositionsführers Thomas Losse-Müller steckt in dem Haushalt dagegen „nicht genug Power für die Probleme, die wir angehen müssen“. FDP-Fraktionschef Christopher Vogt sprach von einem Haushalt der verpassten Chancen.

Die Einnahmen in dem von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) verantworteten Zahlenwerk steigen nach den im Landtag beschlossenen Änderungen und der Nachschiebeliste auf 15,8 Milliarden Euro. Auf der Ausgabenseite sind 16,7 Milliarden Euro vorgesehen.

Um den Haushalt auszugleichen, sollen 575 Millionen Euro aus Rücklagen entnommen und 372 Millionen Euro Kredite aufgenommen werden. Für Zinszahlungen sind 481 Millionen Euro vorgesehen. Schleswig-Holstein ist mit mehr als 33 Milliarden Euro verschuldet.

Heinold verteidigte den Etat, verwies aber auch auf Lücken von 200 Millionen Euro bis 300 Millionen Euro, die sich in den kommenden Jahren auftun könnten. Das hänge von der Entwicklung der Steuereinnahmen ab. „Wir sind in einer schwierigen Zeit.“

Losse-Müller hielt der Regierung vor, dass viele Menschen das Vertrauen in Politik verlören, weil der Staat immer weniger in der Lage sei, ihre Probleme zu lösen. Zum Überschuss von rund einer Milliarde Euro im Haushaltsabschluss 2022 sei es auch gekommen, weil 150 Millionen Euro geplanter Personalausgaben nicht genutzt und 210 Millionen Euro an Investitionen nicht verbaut worden seien. „Mit anderen Worten: Sie sind nicht in der Lage, das Geld, das wir Ihnen als Parlament zur Verfügung stellen, auch im Sinne unserer Beschlüsse einzusetzen.“

Der SPD-Politiker warf der schwarz-grünen Koalition vor, ihr zentrales Versprechen, erstes klimaneutrales Industrieland zu werden, beerdigt zu haben. Das werde mit den Mitteln des Haushalts nicht gelingen.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hielt der SPD-Fraktion entgegen, die Klimaziele seien für die CDU nicht verhandelbar. Der Haushalt sei kein Krisenhaushalt, sondern ein Chancenhaushalt. Es werde zum Beispiel in Bildung, Krankenhäuser und innere Sicherheit investiert. „Wir wollen die Chancen für die Menschen in Schleswig-Holstein ergreifen.“

CDU-Fraktionschef Koch sprach von einem Haushalt in schwieriger Zeit, bei dem sich nicht einfach aus dem Vollen schöpfen lasse, um Wahlversprechen und politische Wünsche zu erfüllen. Der Haushalt könne sich aber sehen lassen. Die Investitionsquote steige auf den Rekordwert von 10,6 Prozent oder fast 1,8 Milliarden Euro, sagte Koch. Die Schuldenbremse werde eingehalten.

Als einen Schwerpunkt des Haushalts nannte Koch die innere Sicherheit mit Polizei und Justiz, aber auch Brand- und Katastrophenschutz. Beispiele seien zehn Millionen Euro für den Bau von Feuerwehrgerätehäusern und 15 zusätzliche Stellen für den Bevölkerungsschutz im Innenministerium. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) unterstrich, dass es 122 neue Stellen für die Polizei gebe. Die Gewerkschaft der Polizei lobte das als richtigen Schritt, betonte aber, die Stellen müssten auch besetzt werden.

An diesem Punkt stimmte der SSW-Fraktionsvorsitzende Lars Harms zu: „Wo die Landesregierung sehr löblich reagiert hat, ist das Thema Stellenaufwuchs bei Polizei, Justiz und Katastrophenschutz.“ Nötig seien aber weitere 50 Stellen zur Bekämpfung der Kinderpornografie. Mehr Unterstützung wünschte sich Harms bei der Förderung der friesischen Sprache.

Auch im Bereich Bildung und Wissenschaft setzt der Haushalt einen Schwerpunkt mit 776 neuen Stellen. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sprach von einem starken Zeichen für Bildung und Bildungsgerechtigkeit.

Schon der Ausgleich der Inflation sei bei vielen Projekten eine schwer zu bewältigende Aufgabe, sagte Petersdotter. Dieser Haushalt sei aber mehr als der Versuch, den Status quo zu erhalten. So solle es endlich ein Freiwilligenticket in Schleswig-Holstein geben.

Vogt kritisierte, dass die Investitionsquote zwar offiziell bei über zehn Prozent gehalten werde, aber der Bedarf zum Beispiel beim Hochschulbau, der energetischen Sanierung, bei den Krankenhäusern oder auch bei den Landesstraßen viel höher sei.