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Omas Rezepte machten dieses Paar zu Youtube-Stars

| Lesedauer: 7 Minuten
Angelika Hillmer und Jan-Eric Lindner
Carl-Michael Hofmann und seine Frau haben auf YouTube eine riesige Fangemeinschaft aufgebaut.

Carl-Michael Hofmann und seine Frau haben auf YouTube eine riesige Fangemeinschaft aufgebaut.

Foto: Verlag Brainbook

Über 100 Millionen Aufrufe hat CALLEkocht auf der Videoplattform. Ein Gericht von Carl-Michael Hofmann ist besonders beliebt.

Hamburg.  Was er kocht, wird millionenfach kopiert: Carl-Michael Hofmann betreibt zusammen mit seiner Partnerin Carmen Zerwas den YouTube-Kanal Calle kocht.

Mehr als 450.000 Abonnenten freuen sich jede Woche über neue Rezepte, Tipps und Tricks aus Omas Küche. Jetzt ist der gelernte Koch und Küchenmeister sowie Küchenchef einer Hamburger Kochschule Dauergast beim Abendblatt-Podcast „Schmeckt’s?“

Zum YouTube-Kanal sei er gekommen wie die Jungfrau zum Kinde, sagt Hofmann: „In unserer Kochschule fragten unsere Gäste regelmäßig nach den Rezepten der zubereiteten Gerichte. Und das war richtig anstrengend, weil ich sehr gerne zum Markt gegangen bin und dort spontan eingekauft habe. Das heißt, jeder Kochkursus war unterschiedlich. Also hätten wir jeden Abend neue Rezepte schreiben müssen.

Podcast: Der YouTube-Kanal Calle hat über 450.000 Abonnenten

Dann las ich der Zeitung, dass es in Deutschland Menschen gibt, die von YouTube leben können. Ich fragte mich: Was ist YouTube? Dass man davon leben kann, hatte mich nicht interessiert. Spannend war, dass wir Rezepte filmen und hochladen können – das war die Lösung unseres Problems.

2014 haben wir angefangen. Mit einer Handykamera und einem Stückchen Zitronengras. Diesen Film haben wir als ewige Mahnung stehen gelassen. Man entwickelt sich Gott sei Dank weiter.“

Inzwischen filmt das Paar mit drei Kameras, Licht und Ton in der geräumigen Wohnküche seiner Harburger Wohnung. „Nach zwei Jahren hatten wir mal in der Kochschule stolz verkündet, dass unsere kleinen Handy-Videos 10.000-mal aufgerufen wurden, das war für mich eine unvorstellbare Zahl“, erzählt der 62-Jährige rückblickend. Kurz vor Weihnachten 2022 hat CALLEkocht die Grenze von 100 Millionen Aufrufen überschritten. Bei etwas mehr als 550 veröffentlichten Beiträgen.

Omas Rezepte sind die Nische des Kochteams

„Ich werde öfters von YouTube-Einsteigern gefragt, wie man solche Zahlen erreicht“, sagt Hofmann und verrät auch dieses Rezept: „Man muss bei sich bleiben, keinen Strömungen hinterherlaufen, fleißig sein, einen langen Atem haben – wir haben sechs Jahre lang ohne großen Erfolg produziert. Und: Man sollte sich eine Nische suchen, in der man sich auskennt.“

Calles Nische sind traditionelle Gerichte. Der Weg dorthin führte über ein Rotkohlrezept: „Ich habe nebenbei erwähnt, dass es das Rezept meiner Großmutter ist. Daraufhin kamen zum ersten Mal ganz viele Kommentare: Meine Oma hat das genauso gekocht und so. Viele Leute forderten uns auf, mehr davon zu bringen. Unsere Nische war gefunden: Omas Rezepte.“

Omas Küche ist kalorienreich und widerspricht dem Trend zu leichter, bekömmlicher Kost. Hofmann meint, dass man sich das ab und zu gönnen sollte: „Die Küche ist deutlich schwerer, sie lebt von viel Butter, viel Sahne, ist fettreich. Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich habe aber ein großes Laster: Marzipan. Genauso ist es beim Kochen: Du brauchst manchmal was für die Seele, auch für den Leib. Dann darf ein Schuss Sahne nicht fehlen.“

Beim Drehen fällt jede Menge Essen an – nur wohin damit?

Doch ist auf seinem Kanal auch leichte Sommerküche vertreten wie Salate oder Gemüsegerichte, gerne auch mal vegan. „Viele Leute finden das toll. Andere sagen: Calle, du musst nicht jedem Trend hinterherlaufen.“

Calle und Carmen drehen wöchentlich, teilweise an zwei Tagen in der Woche – da fällt einiges an Essen an. „Wir haben zum Beispiel mal Großmutters Sonntagsbraten gemacht. Der besteht aus dreierlei Braten, so kenne ich das als Altländer: Schwein, Rind und Pute. Das ergibt ein gewisses Volumen – Essen für 20 Leute. Einfrieren ist immer die letzte Möglichkeit. Wir sind mit den Braten durch die Nachbarschaft gelaufen wie mit Sauerbier. Versuche mal, Menschen, die du nicht kennst, Essen zu schenken. Das ist nicht einfach. Mittlerweile nehmen sie es wohlwollend an.“

Omas Küche ist zwar vielfältig, aber bei 550 veröffentlichten Rezepten stößt Carl-Michael Hofmann allmählich an Grenzen. „Du kannst die Weihnachtsgans nicht das siebte Mal neu erfinden“, sagt er. Bislang sind ihm die Ideen nicht ausgegangen. Manchmal springt Hofmann, der im Laufe der Jahre in mehreren Sterneküchen gearbeitet hatte, dazu über seinen eigenen Schatten, etwa beim kürzlich verfilmten Wurstgulasch. Das war nicht die hohe Kochkunst, hat ihm aber richtig gut geschmeckt.

Desserts laufen nicht – kaum jemand macht zu Hause Nachtisch

Und dann gibt es da noch die Mocktur­tle-Suppe: „Eine überaus charmante Dame verfolgt uns seit vielen Jahren und wünscht sich in jedem Kommentar die Mockturtle-Suppe, die falsche Schildkrötensuppe aus Friesland. Ich vertröste sie immer, es passt irgendwie nie. Mittlerweile ist das ein Spiel geworden. Ich darf die Suppe eigentlich gar nicht kochen, weil ich die Dame dann verliere.“

Eine Ausweitung des Repertoires Richtung Desserts kommt nicht infrage: „Sie finden auf YouTube wenig Beachtung. In Deutschland werden zu Hause sehr wenig Nachtische zubereitet.“ Eine Abhilfe schafft aber die Tatsache, dass es auch in anderen Ländern kochende Großmütter gibt.

Calles Videos zu Spaghetti Bolognese und Carbonara gehören zu den erfolgreichsten. „Natürlich kommen bei Chili con carne Kommentare wie: Ich wusste gar nicht, dass du eine Großmutter in Mexiko hast. Aber wir sagen ja: Omas Rezepte. Das muss nicht immer meine Großmutter sein.“

Podcast: Ein deutsches Gulaschrezept ist am beliebtesten

Absoluter Spitzenreiter bei Calle kocht ist aber ein deutsches (Gulasch-)Rezept mit mehr als zwei Millionen Aufrufen. „Meine Großmutter hat Gulasch immer mit Schweinefleisch gekocht. Dazu vom Volumen her die gleiche Menge Zwiebeln geben. Das schön angebraten, ein bisschen Tomatenmark – da streiten sich schon die Geister ­– und ein bisschen Papri­kapulver hinzufügen, dann mit Wasser auffüllen.

In manchen Rezepten statt Wasser ein Fond genannt. Aber wenn du zwei Kilo Fleisch im Topf hast: Wie viel mehr Fond willst du denn haben, wenn du das anderthalb Stunden kochst? Küche kann ganz einfach sein.“ Wein gehöre nicht in Gulasch, zumindest nicht bei seiner deutschen Großmutter. „Wir haben neulich das Gulasch von meiner französischen Großmutter gekocht“, sagt er augenzwinkernd. „Da kommt kein Wasser rein, da muss Wein rein. Ganz sicher.“

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