Hamburg (dpa/lno). Klimaaktivisten der Letzten Generation drohen mit maximaler Störung der öffentlichen Ordnung in Hamburg, wenn die Stadt ihren Forderungen nicht nachkommt. Der Brief der Gruppe stößt im Rathaus auf Unverständnis und harsche Kritik.

Der Hamburger Senat und Vertreter der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, CDU und AfD haben Drohungen der Klimaaktivisten der Letzten Generation zurückgewiesen. Die Gruppe hatte in einem Schreiben an den Bürgermeister und die Fraktionsvorsitzenden ultimativ mit massiven Störaktionen in der Stadt gedroht, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden sollten.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) halte ein solches Vorgehen für nicht vertretbar, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer am Dienstag. Auch werde der Bürgermeister mit den Initiatoren keine Gespräche führen oder Vereinbarungen treffen. „Das Schreiben wurde unmittelbar nach Eingang an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet, um den Inhalt in strafrechtlicher und sicherheitsrelevanter Hinsicht zu prüfen.“

In dem vierseitigen Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird die Stadt aufgefordert, die Forderung der Letzten Generation nach Bildung eines sogenannten Gesellschaftsrates zu unterstützen. Ein solcher Rat aus zufällig ausgelosten Menschen soll nach den Vorstellungen der Klimaschützer Maßnahmen erarbeiten, wie Deutschland bis 2030 kein klimaschädliches CO2 mehr ausstößt.

„Sollten wir bis zum 13.03.2023 keine Antwort von Ihnen erhalten, sehen wir keine andere Möglichkeit, als gegen den aktuellen Kurs Widerstand zu leisten“, heißt es in dem Brief, der von zwei Vertretern der Gruppe unterzeichnet ist. „Wir werden in diesem Fall ab dem 14.03.2023 unseren Protest auf die Stadt Hamburg ausweiten und für eine maximale Störung der öffentlichen Ordnung sorgen.“

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf sagte, er habe keinerlei Verständnis für Drohungen oder Ultimaten jeglicher Art, gerade gegenüber demokratisch gewählten Abgeordneten und Parlamenten. Er warf der Gruppe vor, dem Umweltschutz eher zu schaden, wenn grundsätzlich aufgeschlossene Menschen mit Störaktionen gegen Maßnahmen aufgebracht würden. Klimaschutz sei nur möglich, wenn man alle Bürger mitnehme. „Wir alle müssen aufpassen, dass es nicht zu Gegenbewegungen und einer Radikalisierung kommt, die dem Ziel eines wirksamen und nachhaltigen Klimaschutzes entgegenlaufen“, sagte Kienscherf. Erste Anzeichen dafür gebe es bereits.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dennis Thering, sprach von „Erpressung“. „Dieses Vorgehen zeugt von einem gefährlichen Demokratieverständnis der Letzten Generation“, die sich mit dem Schreiben vollends disqualifiziere. „Wer Straftaten begeht und weitere androht, muss die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.“ Er lasse sich nicht erpressen, „schon gar nicht von derartigen Querulanten“.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann, der als einziger Fraktionsvorsitzender nicht angeschrieben worden war, sprach von einer erpresserischen Kriegserklärung an Demokratie und Rechtsstaat. „Es zeigt die extremistische und damit gefährliche Ausrichtung dieser Klimachaoten.“ Sie seien keine Verhandlungspartner, „sondern ein Fall für die Sicherheitsbehörden“.

Deutlich zurückhaltender äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Jenny Jasberg. Den Brief wolle man „jetzt erstmal intern besprechen und dann zu gegebener Zeit beantworten“, sagte sie. Zunächst würden sich die Hamburger Grünen aber mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern und dem Bundestag beraten.

Die Gruppe Letzte Generation hat einen Stopp ihrer Proteste bereits anderen Städten angeboten, wenn die jeweilige Regierung auf ihre Forderungen eingeht. So hatte in Hannover Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) den Aktivisten nach einem Treffen versichert, deren Forderung nach einem „Gesellschaftsrat“ mit einem Brief an die demokratischen Bundestagsfraktionen zu unterstützen. Auch der Marburger Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) hatte sich nach eigenen Angaben mit den Klimaaktivisten verständigt.

In Tübingen stellten die Aktivisten der Letzten Generation ihre Klebe-Proteste ebenfalls ein. Oberbürgermeister Boris Palmer erklärte am Dienstag jedoch, dass dies nichts mit einer Einigung zu tun habe. Allerdings hatte er nach Gesprächen mit der Gruppe ein Schreiben veröffentlicht, in dem er sich in Klimaschutzfragen für eine Bürgerbeteiligung auf Bundesebene in Form eines Bürgerrats aussprach.