Hamburg (dpa/lno). Verkehrsthemen sind in Hamburg oft umstritten. Vor allem den mitregierenden Grünen wird von der Opposition immer wieder vorgeworfen, Politik gegen das Auto zu machen. Neue rot-grüne Pläne zu Lieferzonen lassen die Wellen erneut hochschlagen.

Um Verkehrsbehinderungen durch in zweiter Reihe parkende Lieferfahrzeuge zu vermeiden, wollen SPD und Grüne in Hamburg mehr Liefer- und Ladezonen schaffen. Laut einem Antrag der Regierungsfraktionen für die Bürgerschaftssitzung am Mittwoch kommender Woche eignen sich dafür „besonders bestehende, versiegelte Verkehrsflächen, wie zum Beispiel Parkplätze im öffentlichen Raum“. Ausnahmen für das private Parken sollten dort nicht mehr oder nur noch nachts gewährt werden, heißt es weiter. Kritik an den rot-grünen Plänen kam von der Opposition sowie der Handwerkskammer und der Gewerkschaft der Polizei.

Der Liefer- und Gewerbeverkehr mache rund 35 Prozent des Verkehrs auf Hamburgs Straßen aus „und ist unerlässlich dafür, dass die Stadt funktioniert“, sagte SPD-Verkehrsexperte Ole Thorben Buschhüter am Montag. „Die Fahrerinnen und Fahrer der immer öfter emissionsfreien Lieferfahrzeuge sind besonders darauf angewiesen, am Lieferort Platz für ihr großes Fahrzeug vorzufinden.“

Gelinge dies nicht, würden die Fahrzeuge häufig in zweiter Reihe abgestellt, sagte seine Grünen-Kollegin Eva Botzenhart. „Dabei kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, sowie zu Rückstaus.“

Bei der Ausweisung der neuen und einheitlich gekennzeichneten Lieferflächen liege der Fokus „auf Zonen vor Geschäften, Handwerks- und Gewerbeunternehmen sowie auf Orten, die für Paketlieferdienste wichtig sind.“ Außerdem soll die Beantragung solcher Zonen vereinfacht werden.

CDU-Fraktionschef Dennis Thering sieht in den Plänen eine Folge der von rot-grün vorangetriebenen Ausweitung der Bewohnerparkgebiete. „Was für eine Binsenweisheit, dass es für Hamburg als Wirtschaftsstandort wichtig ist, dass Waren- und Dienstleistungen auch bei der Kundschaft ankommen müssen“, sagte er. „Doch vor der Einführung von Bewohnerparkgebieten gab es diese Probleme nicht, die erst durch die rigorose Ausgestaltung ohne notwendige Ausnahmen von SPD und Grünen geschaffen wurden.“ Nun falle den Regierungsparteien „nichts Besseres ein, als abermals Parkplätze ersatzlos zu streichen.“

Ähnlich sieht man die Pläne bei der AfD. „Mehr Liefer- und Ladezonen - so wichtig diese sein mögen - gehen zulasten von ebenfalls parkplatzsuchenden Anwohnern“, monierte Fraktionschef Dirk Nockemann. „Diese zahlen teure Anwohnerparkgebühren für immer weniger Stellplätze.“ Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) spiele die verschiedenen Verkehrsteilnehmer gegeneinander aus.

Handwerkskammerpräsident Hjalmar Stemmann wirft den Regierungsfraktionen vor, die besonderen Bedarfe des Handwerks einmal mehr nicht konsequent mitgedacht zu haben. „Lade- und Lieferzonen sind auf die Bedarfe von Kurier-, Express- und Paketdiensten ausgelegt“, sagte er. Mehr Parkplätze, Stellflächen oder Parkzonen, die für das Handwerk gesichert, vorbehalten oder reserviert sind, entstünden den Plänen zufolge nicht. Vielmehr müssten Handwerksbetriebe sich nun noch mehr Flächen mit Paket- und Lieferdiensten teilen, was sie zuvor nicht getan hätten.

Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) befürchtet man mehr Einsätze durch das Abschleppen von unzulässig in den Lieferzonen geparkten Autos. „Meine Kolleginnen und Kollegen haben bereits heute mehr Aufgaben als Kapazitäten. Eine Zunahme von Einsätzen im Parkraum können die Streifenwagen gar nicht abarbeiten“, sagte Hamburgs GdP-Vize Lars Osburg. Zudem werde die Einführung der Ladezonen den ohnehin schon knappen Parkraum weiter minimieren. Der Antrag der Fraktionen nannte Osburg einen „Placebo“.