Hamburg (dpa/lno). Ohne Zulassung als Heilpraktikerin oder Ärztin nimmt eine gelernte Krankenschwester kosmetische Botox-Behandlungen vor. Ihre Kundin ist hochzufrieden, doch ein Hamburger Amtsgericht spricht sie schuldig und verhängt eine Geldstrafe.

Wegen Botox-Behandlungen ohne Heilpraktiker-Zulassung hat das Amtsgericht Hamburg-St.-Georg am Freitag eine 42-Jährige zu einer Geldstrafe verurteilt. Mit 160 Tagessätzen zu je zehn Euro fiel die Strafe vergleichsweise hoch aus, weil die Angeklagte nach Angaben des Gerichts einschlägig vorbestraft ist. „Sie wussten, dass Sie es nicht durften, und haben weitergemacht“, sagte Richter Klaus Wohlrab in der Urteilsbegründung. Die gelernte OP-Schwester mit langer Berufspraxis hatte eingeräumt, dass sie im Sommer 2019 einer Kundin zweimal Spritzen mit Botox in die Stirn verabreicht hatte.

Die Kundin sagte als Zeugin vor Gericht, sie sei mit der kosmetischen Behandlung sehr zufrieden gewesen. Auf die Frage, ob sie gesundheitliche Schäden erlitten habe, antwortete sie: „Absolut gar nicht, alles perfekt.“ Für eine Spritze habe sie 100 bis 120 Euro bezahlt, eine eventuelle Nachbehandlung sei gratis gewesen. Bei einem Arzt hätte sie 300 bis 500 Euro bezahlt. Dass die Angeklagte weder über eine Heilpraktiker-Zulassung noch über eine ärztliche Approbation verfügte, sei ihr egal gewesen. „Ich habe ihr vertraut“, sagte die Bürokauffrau. Der Richter verlas mehrere Chat-Nachrichten, in denen die Zeugin die Angeklagte mit „Hey Süße“ oder „Maus“ anredete.

Wie es zu dem Strafverfahren gegen die 42-Jährige kam, blieb unklar. Gericht und Staatsanwaltschaft wollten sich dazu nicht äußern. In der Verhandlung fragte der Richter die Angeklagte, ob sich schon Ämter bei ihr gemeldet hätten. In der Anklage hieß es, die Beschuldigte habe die Spritzen in die Lippen ihrer Kundin gesetzt. Das wies die Zeugin mit Entschiedenheit zurück. „Dann könnte man nicht mehr lachen“, erklärte die 37-Jährige. Botox ist ein Nervengift, das die Muskulatur lähmt und bei kosmetischer Verabreichung in die Haut Falten glättet.

Die Angeklagte berichtete auf Nachfrage von Wohlrab von mehreren Schicksalsschlägen, die sie in Geldnot gebracht hätten. Sie sei zurzeit arbeitsunfähig krankgeschrieben und mache eine Therapie. Der Richter wertete zugunsten der Frau, dass sie über eine medizinische Ausbildung verfügt und die Kundin zufrieden war. Die Geldstrafe müsse allerdings wehtun, denn die Angeklagte habe „strafrechtlichen Blödsinn“ gemacht. Die 42-Jährige, die sich dem Verfahren ohne Verteidiger stellte, nahm das Urteil an.