Hamburg (dpa/lno). Die Bahnhofsmission am Hamburger Hauptbahnhof ist 365 Tage im Jahr 24 Stunden für Menschen in Not da. Ab März können Hilfsbedürftige nun in neuen Räumlichkeiten Schutz und Beratung suchen.

Menschen, die am Hamburger Hauptbahnhof gestrandet sind, haben ab März einen neuen Anlaufpunkt: Nach knapp elfmonatiger Bauzeit hat die Deutsche Bahn am Montag ein neues Gebäude an die Bahnhofsmission übergeben. In den hellen, großzügigen Räumen bieten demnächst rund 90 Mitarbeitende und Ehrenamtliche Menschen in Not Beratung, Unterstützung und Begleitung an - unabhängig von Geschlecht, Alter, Konfession, Nationalität und sozialem Status. „Die Bahnhofsmission ist ein Erstanlaufpunkt für alle Menschen, die irgendwie in Not sind. Und zwar 24 Stunden am Tag“, sagte der Leiter der Bahnhofsmission, Axel Mangat.

Dabei sei das Wichtigste das menschliche Gegenüber. „Die Mitarbeiter versuchen, mit den Hilfesuchenden gemeinsame Lösungen zu entwickeln“, sagte der 47-Jährige. Dazu gehöre auch, die oft obdachlosen Menschen auf Tagesaufenthaltsräume oder Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe aufmerksam zu machen. „Unsere Aufgabe ist es, die Menschen weiterzuvermitteln und herauszufinden, wen sie an ihrer Seite brauchen“, sagte Mangat. In den vergangenen Jahre sei die Lage am Hauptbahnhof immer dramatischer geworden. „Es gibt mehr verelendete Menschen“, sagte der 47-Jährige. Viele von ihnen hätten keinen Anspruch auf Hilfe und seien zum Beispiel nicht krankenversichert.

In dem rund 400 Quadratmeter großen Neubau befindet sich auch ein Notpflegezentrum, das mit einer Dusche, einer Sitzbadewanne und einem Pflegeraum für assistenzbedürftige Gäste ausgestattet ist. „Dieses Pflegeangebot für hilfsbedürftige, obdachlose Menschen ist einmalig in Deutschland und wird von Pflegekräften der Malteser und Johanniter begleitet“, sagte Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD). Täglich stehen zwei Pflegekräfte zur Verfügung, die sich um die oft älteren und gebrechlichen Obdachlosen kümmern können. Pro Patient plant die Bahnhofsmission eine Stunde ein.

„Manche Obdachlose sind so verelendet, dass sie sich nicht allein aus der Kleidung schälen können“, erklärt Mangat. Die Pfleger können die Obdachlosen waschen, ihre Wunden desinfizieren und verbinden. Ob sie auch Medikamente herausgeben dürfen, ist noch nicht sicher. Dafür bräuchten sie eine ärztliche Verordnung. Denkbar wäre eine Kooperation mit Ärzten, die schon jetzt ehrenamtlich Obdachlose versorgen. „Wir wollen die unterschiedlichen Hilfsangebote besser miteinander vernetzen“, sagte Mangat.

Für den neuen Holzbau hat der Hamburger Architekt Carsten Roth die teils verglaste Fassade entworfen. Die Stadt hat der Deutschen Bahn das Grundstück überlassen, die Bahn hat die Baukosten von knapp fünf Millionen Euro übernommen. „Nicht nur für uns, sondern auch für alle an der Planung und am Bau Beteiligten sowie den Mitarbeitenden der Bahnhofsmission war die Umsetzung eine Herzensangelegenheit“, sagte Manuela Herbort von der Deutschen Bahn. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) versprach, die Bahnhofsmission auch beim Bau der U5 nicht im Stich zu lassen. „Auch wenn wir den Bahnhof größer bauen, soll die Bahnhofsmission nicht unter die Räder kommen.“

Die Bahnhofsmission Hamburg wurde 1895 als zweite Einrichtung dieser Art in Deutschland gegründet. Sie war anfangs vor allem als Anlaufstelle für in Not geratene, häufig weibliche Reisende gedacht, die als Folge von Industrialisierung und Landflucht in die Großstädte drängten und dort Schleppern und Zuhältern in die Hände fielen. Träger der Bahnhofsmission sind die hoffnungsorte/Verein Stadtmission in Kooperation mit dem katholischen Caritas-Verband und dem Evangelischen Kirchenkreisverband Hamburg.