Kiel (dpa/lno). Ein Dauerbrenner beschäftigt erneut den Landtag: Der Bau der A20. Nach Hakeleien in der Koalition fordert die FDP ein klares Bekenntnis von Schwarz-Grün zu dem Projekt. Auch nachlassende Leistungen von Grundschülern stehen zur Debatte - und ein trauriges Jubiläum.

Die A20 rückt am Mittwoch wieder in den Fokus des Landtags in Kiel. Die FDP verlangt von der Regierungskoalition ein klares Bekenntnis zum Weiterbau der Autobahn, die seit 13 Jahren östlich von Bad Segeberg endet. Regierungschef Daniel Günther (CDU) und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) wollen den Bau zügig vorantreiben. Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter bekannte sich am Dienstag trotz aller Kritik zu dem im Koalitionsvertrag verankerten Projekt, hob aber die Zuständigkeit des Bundes hervor.

Vor der Autobahn-Debatte erinnert das Parlament zum Auftakt seiner dreitägigen Sitzung an die Brandanschläge von Mölln vor 30 Jahren. In der Nacht zum 23. November 1992 hatten zwei Neonazis Brandsätze auf von türkischen Familien bewohnte Häuser geworfen. Eine Frau und zwei Mädchen starben.

Zum A20-Streit sagte Petersdotter: „Der Ball liegt in Berlin“. Mit der Übergabe der Zuständigkeit an den Bund habe man gesagt, dass die A20 jetzt nicht mehr das Top-Landesthema sei.

Die geplante Batteriezellenfabrik für Elektroautos an der Westküste habe größere wirtschaftliche Bedeutung als die A20. „Wir bekennen uns zur A20“, sagte Petersdotter. Fans der Autobahn seien die Grünen aber nach wie vor nicht. Sie sei besonders teuer und klimaschädlich.

Petersdotter verneinte wie CDU-Politiker Tobias Koch, dass es großen Streit um das Thema in der Koalition gebe. Im Land werde alles dafür getan, um das Projekt schnellstmöglich voranzubringen, sagte Koch. Angesichts der Ankündigung von Northvolt-Chef Peter Carlsson, die Batteriefabrik bei Heide könnte sich wegen der hohen hiesigen Strompreise verzögern, schlug er vor, einen günstigen Industriepreis für Windstrom vom Land zu schaffen, der wegen Leitungsengpässen sonst abregelt wird. CDU-Energiepolitiker Andreas Hein erläuterte die Dimension: Northvolt habe einen Jahresbedarf von 2 Terawattstunden und 2021 seien im Land 1,856 Terawattstunden abgeschaltet worden. Der Verbrauch des ganzen Landes habe 14 Terawattstunden betragen.

Für SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller ist der Vorschlag operativ nicht vorbereitet: „Es gibt weder Leitungen noch Speicherfähigkeit dafür.“ Zu befürchten sei, dass Northvolt wegen der dort niedrigeren Strompreise und höheren Subventionen zunächst in die USA gehe und vielleicht Jahre später auch nach Schleswig-Holstein. Land und Bund hätten mehr Geld aufbringen müssen. Zudem hätte das Projekt bessere Unterstützung durch ein international vernetztes Team gebraucht. Die A20 sei sinnvoll, weil sie die Westküste anbinden und den Standort für grüne Wirtschaft erschließen könne, sagte Losse-Müller.

Die FDP erwarte im Landtag klare Ansagen der Koalition für die A20, sagte Fraktionschef Christopher Vogt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) habe ihm versichert, der Weiterbau der Autobahn stehe nicht zur Disposition und sei auch im Dialogprozess für künftige Infrastrukturvorhaben kein Thema. Projekte, die wie die A20 im Gesetz stehen, würden umgesetzt.

Minister Madsen hatte gefordert, die A20 aus dem Dialog herauszunehmen. „Herr Madsen unterliegt da einem Missverständnis“, sagte Vogt. Er bescheinigte Madsen „eine Mischung aus kein Bock und keine Ahnung“. Für die FDP bleibe die A20 auch ein landespolitisches Topthema. Im Bund haben Spitzen-Grüne das Projekt klar abgelehnt. Ministerpräsident Günther wird am Freitag im Gespräch mit Wissing eine zügige Fortführung der A20 fordern.

Am Mittwoch rücken auch die Grundschulen in den Fokus des Landtags. Ein Thema: Schülerleistungen haben sich einer Studie zufolge deutlich verschlechtert. Zudem verstärkten sich soziale Ungleichheiten.

Weitere Schwerpunktthemen bis Freitag sind die an der Westküste geplante Batteriezellenfabrik und finanzielle Folgen des Kriegs in der Ukraine. CDU, Grüne, SPD und SSW wollen den Notkredit zur Bewältigung der Kriegsfolgen um 1,0 Milliarde auf 1,4 Milliarden Euro erhöhen. Begründung: Es gebe eine außergewöhnliche Notsituation.

Während Grünen-Fraktionschef Petersdotter das Vorhaben als rechtssicher einstufte, kam vom FDP-Kollegen Vogt massive Kritik. Aus dem Kredit sollten auch Dinge finanziert werden, die mit der aktuellen Notlage nichts zu tun hätten. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) habe sich in den letzten Jahren von seriöser Haushaltspolitik verabschiedet. CDU-Fraktionschef Koch hielt dagegen: „Wir schaffen den Rahmen, um jederzeit handlungsfähig zu sein.“