Kiel (dpa/lno). Die Corona-Pandemie hat allen zu schaffen gemacht. Auch Grundschüler waren betroffen, wie verschlechterte Leistungen in einer Studie zeigt. Doch neben Corona gibt es weitere Gründe.

Grundschüler in Schleswig-Holstein erreichen im neuen Bildungstrend 2021 des Instituts für Qualität im Bildungswesen einen Platz im Mittelfeld. Beim Zuhören schneiden die Kinder im nördlichsten Bundesland im Mittel besser ab als der deutsche Durchschnitt. Beim Lesen, in Orthografie und Mathematik liegt Schleswig-Holstein im Durchschnitt, wie die am Montag bei der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin vorgestellten Studie.

Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt habe Schleswig-Holstein weniger Risikoschüler im Bereich Lesen und Zuhören, teilte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) mit. In Mathematik habe der Anteil von Risikoschülern seit 2016 dagegen signifikant zugenommen, der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die den Regelstandard erreichen, habe abgenommen. Dies gelte auch für Lesen und Rechtschreibung.

Bundesweit stellt die Studie einen negativen Trend fest. Viertklässler seien im Vergleich zu Gleichaltrigen vor zehn Jahren deutlich zurückgefallen.

Die Gesamtentwicklung bezeichnete die Ministerin als besorgniserregend, das gelte besonders für Mathematik. Die Belastungen durch die Corona-Pandemie mit Schulschließungen, Wechselunterricht und Distanzlernen seien Erklärungen. Aber auch die fortschreitende Inklusion mit ihren Anforderungen an den Unterricht sowie eine veränderte Zusammensetzung der Schülerschaft durch mehr Kinder mit Migrationshintergrund spielten eine Rolle.

«Die Welt ist eine andere als noch vor zehn Jahren und unsere Schulen müssen sich noch stärker darauf einstellen», sagte Prien. Mit der Sprachförderung müsse noch eher begonnen werden. Für Fortschritte seien auch Verbesserungen der Qualität in der Aus- und Fortbildung von Lehrern entscheidend.

Prien wies auf bereits laufende Projekte in Schleswig-Holstein hin, die noch verstärkt werden müssten. Das Land stelle den Schulen mehr Personal zur Verfügung. Auch für den Unterricht für geflüchtete Schüler sollen weitere Stellen bereitgestellt werden, zuletzt seien im Mai 264 Stellen für Deutsch als Zweitsprache eingerichtet worden.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Christopher Vogt, nannte die Ergebnisse des Bildungstrends alarmierend, aber nicht allzu überraschend. «Bildung muss in unserer Gesellschaft endlich Priorität haben und der Lernerfolg darf nicht vom Elternhaus oder Wohnort abhängen.» Die Realität sehe leider anders aus, der Bildungserfolg hänge immer stärker vom sozioökonomischen Hintergrund ab. «Die Landesregierung muss viel mehr tun, um unsere Schulen und insbesondere die Grundschulen zu stärken.»

Der Bildungsexperte der SPD-Landtagsfraktion, Martin Habersaat, sieht Schleswig-Holstein in einer Grundschulkrise. «Und das ist nicht die Schuld der Grundschulen. Die brauchen Fachkräfte, Ressourcen und Raum für gute Pädagogik - nicht mehr und nicht weniger.» Habersaat forderte neue Zugänge zur Mathematik, auch Fächer und Jahrgänge übergreifend. Die systematische Sprachförderung müsse in der Kita beginnen. Außerdem forderte der Abgeordnete eine ernst gemeinte Fachkräfteoffensive.