Hospiz Hamburg

Sterbebegleiter: „Herr Lieb, wie geht das mit dem Tod?“

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Beatrice Bleß-Lieb und Martin Lieb sind während der Hospizwoche mit einer Buchlesung vertreten: am  Donnerstag,  18 Uhr, Helenenstraße 12.

Beatrice Bleß-Lieb und Martin Lieb sind während der Hospizwoche mit einer Buchlesung vertreten: am Donnerstag, 18 Uhr, Helenenstraße 12.

Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Zwei ehrenamtliche Hospizmitarbeiter in Altona begleiten Sterbende bis zu ihrem Ende und geben Lebenden wertvolle Ratschläge.

Hamburg.  Nichts ist so, wie es scheint. Mittelweg, feinstes Hamburg. Die Räume der Coaching-Praxis von Beatrice Bleß-Lieb und Martin Lieb sind stylisch und hoch. Hier lassen sich Klienten in der zweiten Lebenshälfte beraten. Beide Trainer betreten den Raum. Sie wirken voller Energie, erzählen von absolvierten Marathon­läufen, Triathlons und Radrennen.

Dann sagt Martin Lieb (57): „Ich habe seit meinem 16. Lebensjahr eine Titanstange im Rücken.“ Und Beatrice Bleß-Lieb (61) sagt: „Seit meiner Geburt leide ich an Morbus Crohn, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Viele Operationen folgten, mein Leben stand auf Messers Schneide.“

Hamburger Hospizwoche: Zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Tod

Die gelernte Innenarchitektin und der Personal Trainer kennen die Grenzen menschlicher Existenz. Sie machen mit ihrem Know-how und ihrer Lebenserfahrung anderen Menschen Mut. Und sie stehen Sterbenden in ihrer letzten Lebenszeit bei. Die beiden Hamburger gehören zum ehrenamtlichen Team der Sterbe­begleiter im Hamburger Hospiz im Helenenstift. Hier können 16 schwerstkranke und sterbende Menschen, vorwiegend mit Tumorerkrankung, professionell palliativ betreut werden. Darüber hinaus gibt es ein ambulantes Team, das Palliativ-Patienten zu Hause und im Heim begleitet.

An den Abschied vom Leben und die Fortschritte bei der medizinischen und psychosozialen Hilfe erinnert auch in diesem Jahr die Hamburger Hospizwoche. Noch bis zum 16. Oktober stehen auf zahlreichen Veranstaltungen der Austausch zu den Themen Sterben, Tod und Trauer, der persönliche Kontakt mit Hospizmitarbeitern und der Abbau von Hemmschwellen im Mittelpunkt. Das Coaching-Paar wird am kommenden Donnerstag mit einer Buchlesung vertreten sein. Der Titel ihrer Publikation: „Lebensmutig“.

Martin Lieb: „In erster Linie spenden wir Zeit“

Die beiden ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter werden regelmäßig zu Sterbenden gerufen und betreuen diese bis zum Ende. Sie sitzen am Bett, hören zu, halten die Hand. „In erster Linie spenden wir Zeit“, sagt Martin Lieb. Häufig sind Gespräche möglich, bei den Themen gibt es keine Tabus.

Beatrice Bleß-Lieb blickt auf eine zwölfjährige Arbeit zurück und weiß, was Sterbende umtreiben und bewegen kann: „Verzweiflung, Trauer und Wut.“ Dahinter stehen zerbrochene Beziehungen, vor allem in den Familien, nicht gelebte Träume und die Frage, was denn nun von mir bleibe. Manchmal kommt es noch zu Begegnungen am Sterbebett mit Kindern und Geschwistern, zu denen wegen jahrelanger Konflikte kein Kontakt mehr bestand. Doch es gibt immer wieder Fälle, in denen das nicht mehr geschieht.

Mitarbeitende schöpfen wertvolle Weisheiten aus Hospizarbeit

Manche fragen auch: „Herr Lieb, wie geht es mit dem Tod?“ Es sind Menschen, die Tod und Sterben Zeit ihres Lebens verdrängt haben. Der Sterbebegleiter kann dann von anderen im Hospiz Verstorbenen berichten. Dass sie palliativ bestens betreut und keine schweren körperlichen Schmerzen haben werden. Eine Dame, berichtet er, habe sogar ein Jahr lang im Hospiz gelebt. Erstmals in ihrem Leben habe sie dort jene Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfahren, die sie bisher vermisste. Die Fürsorge im Hospiz habe ihr neuen Lebensmut geschenkt.

Die beiden Sterbebegleiter profitieren selbst von diesem Ehrenamt. Nicht nur, dass sie ständig Weiterbildung und Supervision in Anspruch nehmen können. Sie haben noch mehr Mitgefühl gelernt und den Blick für den anderen noch intensiver öffnen können. Diese Lebensweisheit aus der Hospizarbeit geben sie an ihre Klienten in der Praxis am Mittelweg weiter: „Kümmert euch rechtzeitig um eure Beziehungen. Es geht um das Wichtigste, das Menschen verbindet – die Liebe.“

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