Kiel (dpa/lno). Ende September war die schwarz-grüne Landesregierung 100 Tage im Amt. Die Leistungsbeurteilung für diese Zeit fällt je nach Betrachter höchst unterschiedlich aus.

Die schwarz-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein hat nach Ansicht der größten Oppositionspartei SPD ihre ersten Monate verpatzt. «Die Landesregierung ist nicht auf dem Platz», sagte SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller zur 100-Tage-Bilanz der Regierung am Freitag. «Wir hatten eh schon nur wenig schwarz-grüne Aufbruchstimmung. Das hat sich inzwischen vollständig verflüchtigt.» Von der Landesregierung seien keine Vorschläge zu hören, es gebe kein aktives Management der Probleme, sondern es werde immer nur auf den Bund verwiesen. Es fehle ein Plan für die Zukunft dieses Landes.

Losse-Müller nannte das 100-Tage-Programm der Landesregierung dünn, denn es biete auf die aktuell wichtigen Fragen keine Antworten. Einen Energiegipfel habe es erst nach Hilferufen der Kommunen und Sozialverbände gegeben. Und wenn gehandelt werde, sei es handwerklich nicht gut. Das zeige etwa die Senkung der Kita-Gebühren oder die Grundsteuer. Der Oppositionschef warf Günther vor, häufig die Finanzministerin vorzuschicken und sich nicht zu positionieren.

Die SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli sieht im 100-Tage-Programm der Landesregierung mehr Masse als Klasse. Besonders bitter sei, dass die Regierung erneut die Berufsschulen nicht im Blick habe. Das sei schon bei den Corona-Verordnungen der Fall gewesen. Sie kritisierte auch, dass Schleswig-Holstein weiterhin kein Tariftreuegesetz habe. «Das bleibt ein wichtiges Thema für uns.» Man könne in ruhigen Zeiten auch mal eine ruhige Kugel schieben, sagte Midyatli. «Wir haben aber keine ruhigen Zeiten, ganz im Gegenteil.»

Nach Losse-Müllers Ansicht hätte das Land in diesem Jahr 170 Millionen Euro zur Verfügung, die zur sozialen Entlastung der Menschen eingesetzt werden könnte. Bei den Klimazielen habe das Land keine Vorstellung, wie sie erreicht werden können. So gebe es keinen Plan für Wärmenetze oder den öffentlichen Personennahverkehr. Da müsse jetzt etwas passieren, denn Infrastruktur brauche lange Bauzeiten. «Jeder Monat, den wir diese Entscheidung nicht treffen, fehlt uns am Ende.»

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch widersprach der SPD: «Die Landesregierung hat mit ihrem 100-Tage-Programm geliefert und bereits in den ersten Tagen der neuen Wahlperiode zentrale Projekte der Koalition auf den Weg gebracht.» Gemeinsames Ziel sei es, Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland zu machen. Dafür seien ein Klimaschutzprogramm und die Fortschreibung der Wasserstoffstrategie angeschoben worden. Außerdem sei der Verzicht auf Raumordnungsverfahren bei großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen beschlossen. Bereits zum Jahreswechsel solle das schwimmende Flüssiggasterminal (LNG) in Brunsbüttel in Betrieb gehen.

Für den Bereich der inneren Sicherheit nannte Koch die Erweiterung des Einbruchsschutzprogramms und den Gesetzentwurf für den Einsatz von Bodycams in Wohnungen. Mit der Allianz für Lehrkräfte, der Initiative zur Stärkung des Schülerfeedbacks und dem Start der Fachgespräche zur Einführung einer Experimentierklausel setze die Koalition auf die Verbesserung der Unterrichtsqualität. Weitere wichtige Projekte seien zum Beispiel der Austausch mit der wehrtechnischen Industrie, die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht und die Impfkampagne an den Schulen.