Hamburg (dpa/lno). An Hamburgs Grundschulen arbeiten fast nur Lehrerinnen. Nur 12,7 Prozent des Personals sind Männer. Ein Pilotprojekt der Schulbehörde und der «Zeit»-Stiftung soll das ändern. Die Gründe für das Fernbleiben der Männer sind unklar. Am Geld liegt es wohl nicht.

Hamburgs Schulbehörde will mehr Männer als Grundschullehrer gewinnen. «Wir stellen mit großer Besorgnis fest, dass die meisten Lehrkräfte insgesamt und speziell an den Grundschulen Frauen sind», sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Montag. Derzeit seien die Lehrkräfte an den 195 staatlichen Grundschulen zu 87,3 Prozent Frauen, bei den Referendaren sei der Männeranteil sogar noch geringer. So sind den Angaben zufolge nur 6,5 Prozent der zum 1. August 2022 neu eingestellten Grundschullehrkräfte im Vorbereitungsdienst Männer. «Wir wünschen uns, dass das ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis wird», sagte Rabe.

Um das zu schaffen haben die Behörde und die «Zeit»-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius ein auf zunächst drei Jahre angelegtes und mit rund 280.000 Euro ausgestattetes Modellprojekt gestartet, das sich an Oberstufenschüler, Studierende und Quereinsteiger richtet. Dabei soll bis zu zweimal pro Schuljahr ein Schülercampus veranstaltet werden, bei dem über «den abwechslungsreichen und manchmal herausfordernden Arbeitsalltag einer Grundschullehrkraft» sowie über das Studium informiert werde.

Der erste Campus finde am 19. November an der Bucerius Law School statt. Darüber hinaus werde eine Kooperationsstruktur entwickelt, um den jungen Männern danach Praktika und Hospitationen an Grundschulen zu ermöglichen. Zuletzt soll dann ein Netzwerk für Grundschullehrer etabliert werden, in dem sich Neueinsteiger mit erfahrenen Grundschullehrern austauschen sollen.

«Lehrerinnen und Lehrer haben den wichtigsten Beruf in dieser Bildungsrepublik», sagte der Vorstandsvorsitzende der «Zeit»-Stiftung, Prof. Manuel J. Hartung. Mit Erzieherinnen und Erziehern seien sie Vorbilder, regten an, prägten Leben. «Mit unserem gemeinsamen Modellprojekt wollen wir zeigen, dass der Beruf des Grundschullehrers vielseitig ist und großen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder hat», sagte Hartung.

Es gehe nicht nur darum, dass ein gemischtes Kollegium die Vielfalt der Erziehungsaufgaben besser aufgreifen könne als ein Kollegium, das sich stark auf ein Geschlecht fokussiere, sagte Rabe. Es gehe auch um Vorbilder, «weil die Jungs in der Schule auch sehen sollen und mitbekommen sollen, dass Bildung nicht nur etwas für Frauen ist, sondern auch für Jungs und Männer».

In den Berufsschulen gebe es zwar noch in etwa gleich viele Lehrerinnen und Lehrer, in den Gymnasien sei das Verhältnis aber schon 65 zu 35, sagte Rabe. So richtig erklären kann er sich die stete Zunahme von Frauen in den Kollegien nicht. Am Geld könne es nicht liegen, dass Männer fernblieben. Es sei ein erfüllender, ein schöner Beruf, «aber vor allem auch ein gut bezahlter Beruf».

Wer in Hamburg Grundschullehrer werde, verdiene mehr als 85 Prozent der Bevölkerung, sagte Rabe. Er vermutete deshalb, dass nicht die Bezahlung Ursache sei, sondern eher Geschlechterrollen, «die vielleicht ein Stück weit begünstigen, dass sich junge Männer nicht so sehr für die Erziehung von Kindern (...) interessieren wie junge Frauen».

Der in anderen Bundesländern noch anzutreffende Umstand, dass Grundschullehrer weniger verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen an Gymnasien und Berufsschulen treffe in Hamburg bald nicht mehr zu. Bislang wurden verbeamtete Grundschullehrer den Angaben zufolge in der Entgeltgruppe nach A12, Gymnasiallehrer nach A13 bezahlt. Der Unterschied betrug dabei ursprünglich monatlich 450 Euro brutto.

Da inzwischen schon zwei von drei Angleichungsstufen erfolgt seien, betrage der Unterschied nun nur noch 150 Euro brutto. «Im nächsten Jahr haben die Grundschullehrkräfte alle anderen Lehrkräfte dann eingeholt», sagte Rabe. Hamburg sei dann eines der wenigen Länder, das seine Lehrkräfte alle gleich bezahle.

Nach Angaben der Schulbehörde erhält ein Berufsanfänger bei A13 in der Stufe 1 monatlich 4360 Euro brutto. Abzüglich der privaten Krankenversicherung von rund 280 Euro verbleibe damit ein Nettogehalt von 3180 Euro - sofern die Lehrkraft Vollzeit arbeitet. In Hamburg taten das im Schuljahr 2020/21 laut Statistikamt nur 49 Prozent aller Lehrkräfte, womit die Hansestadt mit Bremen die höchste Teilzeitquote Deutschlands hatte.