Hamburg. Strahlender Sonnenschein, sommerliche Temperaturen – so präsentierte sich Hamburg in den vergangenen Tagen und Wochen. Und wer in der Innenstadt oder am Hafen unterwegs ist, der sieht vor allem Touristen, die die Elbmetropole erkunden. Hamburg sei die beliebteste Destination für Städtereisen in Deutschland, verkündete am Montag Michael Otremba. Der Geschäftsführer der Hamburg Tourismus GmbH (HHT) präsentierte gemeinsam mit Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) die Halbjahreszahlen: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres verzeichnete Hamburg rund 6,4 Millionen Übernachtungen. Damit erreicht die Hansestadt in diesem Zeitraum 89 Prozent des Vorkrisenniveaus aus dem Jahr 2019, als rund 7,2 Millionen Übernachtungen gezählt wurden. Besonders viele Reisende zog es im Juni nach Hamburg. Mit mehr als 1,5 Millionen Übernachtungen wurde das bisherige Rekordergebnis aus dem Jahr 2019 um acht Prozent übertroffen.
Nach Angaben des Statistikamts Nord wurden 81,6 Prozent der Übernachtungen von Gästen aus Deutschland verzeichnet. Spitzenreiter bei den ausländischen Besuchern ist Dänemark mit 123.600 Übernachtungen, gefolgt von der Schweiz mit 113.500 Übernachtungen, und auf dem dritten Platz landete Österreich mit 112.900 Übernachtungen.
Tourismus Hamburg: Westhagemann lobt Besucherzahlen
Bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen sagte Wirtschaftssenator Westhagemann. „Heute können wir feststellen, dass die Leidenszeit überwunden ist, hoffentlich auf Dauer. Hamburg verzeichnet wieder hervorragende Zahlen.“ Und HHT-Chef Otremba betonte. „Es geht spürbar aufwärts für die Tourismusbranche in Hamburg. Die Gästezahlen sind vor allen Dingen ein Kompliment an die Gastgeber und die Tourismusfamilie. Reisen ist wichtiger denn je, um Ablenkung zu finden und etwas für das persönliche Wohlbefinden zu tun.“
Aber es gibt ein Problem. Es fehlen in der Gastronomie und Hotellerie die Mitarbeiter. Fachkräfte für diese Branche zu finden sei die größte Herausforderung, sagte Westhagemann. Der Senator kündigte an, dass demnächst im Ausland mit einer Kampagne gezielt um Mitarbeiter für den Tourismus, also Gastronomie und Hotellerie, geworben werden solle. Dabei stehen Holland, Österreich und die skandinavischen Länder im Fokus. „Es müssen ja nicht alle studieren“, sagte Westhagemann. Die aktuelle Situation beschreibt die Geschäftsführerin des Hamburger Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband), Ulrike von Albedyll, so. „Unsere Branche verzeichnete seit Mai eine hohe Nachfrage. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Aber wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Preise für Lebensmittel und Energie steigen, und es fehlen Tausende Arbeitskräfte in Gastronomie und Hotellerie in Hamburg.“
Personalmangel sorgt für Absagen von Veranstaltungen
Wie dramatisch die Situation ist, beschreibt Jens Stacklies. Der Großgastronom, der auch Dehoga-Vizepräsident ist, betreibt unter anderem die Restaurants Schönes Leben in Hamburg und Neuendeich im Kreis Pinneberg, die Gröninger Privatbrauerei und die Fischauktionshalle. „Wir erleben einen regelrechten Nachfrageboom. Haben ohne Ende Anfragen für Veranstaltungen und Familienfeiern“, sagt Stacklies im Abendblatt-Gespräch und hält dann einen Moment inne. „Aber wir können die große Nachfrage nicht bedienen, müssen zahlreiche Anfragen ablehnen, weil uns das Personal fehlt. Ich könnte bis zu 100 Mitarbeiter gebrauchen, aber der Markt ist wie leergefegt.“ Aktuell hat Stacklies rund 160 Mitarbeiter. „Unsere Gröninger Gastronomie haben wir seit Juli geschlossen, weil wir das Personal an anderen Standorten brauchten“, berichtet der Unternehmer. Im September soll wieder geöffnet werden.
Auch Stacklies hatte auf die nach Deutschland geflüchteten Ukrainer als Arbeitskräfte gesetzt. „Wir haben uns auf dem Welcome Day für die Ukrainer in der Handelskammer präsentiert und den 20 Interessenten unsere Betriebe gezeigt und auch Wohnungen organisiert.“ Doch der erhoffte Zuspruch blieb aus. „Aktuell arbeiten vier Geflüchtete aus der Ukraine bei uns.“
Unterdessen hat das Vier Jahreszeiten offensichtlich keine Personalprobleme. „Sensationell“ sei das Jahr bislang für das Vier Jahreszeiten gelaufen, sagte der geschäftsführende Direktor Ingo C. Peters dem Hamurger Abendblatt und lässt die Zahlen sprechen. „Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 konnten wir den Umsatz noch einmal um gut 25 Prozent steigern. Juni, Juli und August waren rekordverdächtig, und auch der September ist bereits stark nachgefragt. Es besteht immer noch Nachholbedarf.“
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Das Luxushotel hat im Sommer eine durchschnittliche Auslastung von 80 Prozent. „Wir konnten die Raten deutlich steigern. Inzwischen können wir am Wochenende Preise aufrufen, die bislang nur in europäischen Metropolen wie London oder Paris erzielt werden können.“ Dem Vernehmen nach liegt an gut gebuchten Wochenenden der Preis für ein Doppelzimmer bei um die 600 Euro pro Nacht – ohne Alsterblick.
Tourismus Hamburg: 25 Prozent der Umsätze im Einzelhandel kommen von Besuchern
Wichtig sind die Gäste aus dem In- und Ausland auch für den Einzelhandel. „Der Anteil von Touristen an den Umsätzen liegt bei etwa 25 Prozent“, sagte Citymanagerin Brigitte Engler, die die Interessen von 850 Unternehmen vertritt. „Wichtig sind für uns sowohl Touristen als auch Tagesgäste aus der Metropolregion.“ Im Übrigen seien die Besucherfrequenz und die Umsätze in der Innenstadt „derzeit sehr zufriedenstellend und häufig schon auf dem Niveau von 2019“, sagt Engler.
Positiv in die Zukunft schaut HHT-Chef Otremba. „Hamburg hat eine sehr gute Marktposition. Auch das Veranstaltungsgeschehen im Tagungs- und Kongressgeschäft zieht wieder an.“ Das neue Congress Center Hamburg werde von 2023 an mehr und mehr das Potenzial für den Geschäftstourismus entfalten. Der Gebäudekomplex wurde aufwendig revitalisiert und mit fast drei Jahren Verspätung wiedereröffnet. Ursprünglich sollte die Frischzellenkur 194 Millionen Euro kosten, schließlich wurden daraus 293 Millionen Euro (das Hamburger Abendblatt berichtete).
Tourismuschef Otremba sieht auch die Unterhaltungsindustrie als Besuchermagnet. „Mit der Premiere von Hamilton bringt Stage Entertainment im Oktober 2022 eine sehr anspruchsvolle Musicalidee nach Hamburg.“ Das Stück wird im Operettenhaus am Spielbudenplatz auf St. Pauli aufgeführt.
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