Kiel (dpa/lno). Manche nennen sie «Gärten des Grauens» - fast pflanzenlose Areale mit viel Kies oder Schotter zwischen wenigem Grün. Sie dürfte es auch im Norden nicht geben, denn Schottergärten sind untersagt. Große Städte setzen gegen sie eher auf Überzeugung als auf Zwang.

In schleswig-holsteinischen Städten werden offenkundig zunehmend sogenannte Schottergärten angelegt. Darauf deutet eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur hin. Diese Gärten gelten als ökologisch sehr bedenklich, weil sie sich negativ auf Böden, Wasserhaushalt, Tier- und Pflanzenwelt auswirken. Vor diesem Hintergrund rief Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack Hausbesitzer auf, solche Gärten nicht anzulegen und bestehende wieder zu begrünen. «Natur- und Klimaschutz beginnen im eigenen Garten», sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

«Schottergärten sind deshalb im Regelfall nicht erlaubt, denn sie lassen nicht genug Wasser durch und es wächst dort zu wenig.» Besitzer solcher Gärten könnten dazu aufgefordert werden, diese wieder zu begrünen. Wer dazu nicht bereit ist, könne im schlimmsten Fall sogar mit einem Zwangsgeld belangt werden. «Ich verstehe das sowieso nicht: Wer kauft sich ein Häuschen mit Garten, um daraus dann eine Steinwüste zu machen?», fragte die Ministerin.

Schottergärten bieten kaum Lebensraum für Pflanzen und Tiere, erschweren beträchtlich das Versickern von Wasser und gelten im Sommer als Hitze-Inseln. Die Gestaltung von Gärten ist vor allem eine baurechtliche Frage. Die Landesbauordnung schreibt vor, dass nicht überbaute Flächen wasseraufnahmefähig sind. Sofern nicht für eine andere zulässige Verwendung gebraucht, sind die Flächen zu begrünen und zu bepflanzen. Gemeinden können das per Satzung näher regeln. In den auch «Gärten des Grauens» genannten Schottergärten schließen unter Kies oder eben Schotter liegende Vliese oder Folien den Boden von Luft und Wasser ab.

Und wie gehen die kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein mit der ganzen Sache um? Wird kontrolliert? Werden Zwangsgelder verhängt? Gibt es Aktionen zur Umgestaltung von Gärten? Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab dieses Bild:

KIEL

Die Landeshauptstadt wirbt für sich seit 1995 als Klimaschutzstadt. Sie hat zu Schottergärten keine konkreten Daten vorliegen, geht aber davon aus, dass diese Art der Gartengestaltung zugenommen hat - mit entsprechenden Negativfolgen für Boden, Wasserhaushalt, Tier- und Pflanzenwelt. Das Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation ist nach Auskunft der Pressestelle noch nicht gegen Schottergärten vorgegangen. Anreize oder Wettbewerbe, um die Umwandlung von Schottergärten in umweltfreundlichere zu fördern, gibt es bisher nicht.

LÜBECK

Das Ausmaß sei nicht so gravierend, dass es den Stadtraum prägt, aber diese Gärten seien zunehmend wahrnehmbar, sagt Sprecherin Nicole Dorel. Systematische Kontrollen gebe es nicht, doch bei gravierenden Fällen werde das Gespräch mit Eigentümern über Veränderungen gesucht. So habe ein Besitzer nahe der Trave seinen Vorgartenbereich dann umgestaltet. Über Anreize oder auch einen Wettbewerb zur Veränderung von Vorgärten wurde schon gesprochen, aber wegen Ressourcenknappheit sei das derzeit nicht umsetzbar. «Motivations-Flyer» mit Anregungen zur Gestaltung von Vorgärten, Stadtgärten und Balkonen würden interessiert wahrgenommen.

FLENSBURG

Dort hielten sich Schottergärten noch in Grenzen, sagte ein Sprecher. Aktive Kontrollen gebe es nicht, Hinweisen gehe die Ordnungsbehörde natürlich nach. Zwangsgelder wurden in der Förde-Stadt noch nicht verhängt. In Einzelfällen seien aber teure Rückbaumaßnahmen fällig geworden, sagte der Sprecher. Bei Bebauungsplänen werde darauf geachtet, dass durch Festsetzungen der Versiegelungsgrad von Grundstücken niedrig gehalten wird und dass unbebaute Grundstücksteile bepflanzt werden.

NEUMÜNSTER

Schottergärten legen laut Pressesprecher Stephan Beitz Ältere ebenso an wie junge Familien in Neubaugebieten. Auch in Industriegebieten und an Unternehmenssitzen gibt es sie. Vorgaben sind klar: «Die Grundstücksfreiflächen zwischen der öffentlichen Straße und der vorderen Gebäudeflucht (Vorgartenfläche) sollen zu mindestens 50 Prozent als offene Vegetationsflächen (z.B. Rasen, Beete, Sträucher) angelegt und dauerhaft erhalten werden», sagt eine Richtlinie. Wasserundurchlässige Sperrschichten sind in Vegetationsflächen untersagt. Die Stadt hat zwar noch kein Zwangsgeld verhängt, ließ aber unverhältnismäßig starke Versiegelungen schon rückgängig machen. 2021 nahmen an einem Wettbewerb 19 Vorgärten teil.