Geflüchtete in Hamburg

Wo ukrainische Kinder kurz ihre Sorgen vergessen konnten

| Lesedauer: 5 Minuten
Laura Lindemann
Rund 200 Kinder waren beim Sommerfest für die ukrainischen Flüchtlinge vor dem Sofitel – Spaß hat es offensichtlich gemacht.

Rund 200 Kinder waren beim Sommerfest für die ukrainischen Flüchtlinge vor dem Sofitel – Spaß hat es offensichtlich gemacht.

Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Vor dem ehemaligen Luxushotel Sofitel haben die Geflüchteten ein Sommerfest gefeiert – die 200 Kinder rutschten, malten, tobten.

Hamburg.  Schon von Weitem ist ukrainische Musik aus den Lautsprechern zu hören. Auf dem Vorplatz des ehemaligen Luxushotels Sofitel baumeln bunte Girlanden, es duftet nach Würstchen, und Kinder toben auf der Wiese herum. Am Freitag herrscht Festtagsstimmung beim großen Sommerfest für ukrainische Flüchtlinge. „Mit dem Fest wollen wir die Menschen auf andere Gedanken bringen“, sagt Veranstalter Martin Wolfrat, Niederlassungsleiter des Immobilienentwicklers Art-Invest Hamburg.

Seit Ende März wohnen im ehemaligen Sofitel rund 800 Flüchtlinge aus der Ukraine in den 280 Zimmern – kostenlos. Der Umbau und die Unterbringung haben reibungslos funktioniert, berichtet Wolfrat. „Innerhalb weniger Wochen konnten die ersten Geflüchteten einziehen.“

Geflüchtete in Hamburg: Sommerolympiade für Kinder

Gemeinsam mit dem Unternehmen Fördern & Wohnen, das in Hamburg Flüchtlinge und Obdachlose unterbringt, und dem Betreiber des Hotels Rolling Taste hat Art-Invest Real Estate jetzt die Sommerolympiade vor allem für die jungen Geflüchteten auf die Beine gestellt. Dafür erhalten die Kinder zu Beginn eine Karte, die an jeder Station abgestempelt wird. Wenn die Kinder die Stationen durchlaufen haben, kommen die Karten in einen Lostopf. Die Gewinner erhalten größere, die Verlierer kleinere Preise. „Niemand geht hier mit leeren Händen raus“, betont Wolfrat.

Zudem sind die Hamburger Polizei und Feuerwehr zu Besuch, sodass die Kinder einmal auf einem echten Polizeimotorrad sitzen und sich ein Feuerwehrauto von innen anschauen können.

Die Großen können sich bei einem Kaffee austauschen

Während die Kleinen mit der Olympiade beschäftigt sind, finden die Großen Zeit und Raum, bei einem Kaffee zu plaudern und sich über die vergangenen Monate auszutauschen. Dem Regenwetter trotzend schlecken die rund 200 Flüchtlingskinder an ihren Eiskugeln, feuern sich gegenseitig beim Bobbycar-Rennen an oder schlittern eine aufgebaute Rutsche herunter. Für die Freundinnen Safia (9) und Margo (7) ist es bereits die fünfte Rutschpartie. „Schneller, schneller“, ruft Margo, während sie sich an Safia klammert.

Das Rutschen, Rennen und Toben mache ihr besonders Spaß, erzählt sie, als sie unten angekommen ist. Safia, mit geschminkter Biene im Gesicht und geblümtem Regenschirm in der Hand, zeigt stolz ihr selbst gestaltetes T-Shirt. „Den Glitzer habe ich ganz allein drauf gemacht.“ Wie viele Gäste sprechen die beiden ausschließlich Ukrainisch, deshalb stehen an den verschiedenen Stationen Dolmetscherinnen und Dolmetscher bereit, die bei der Verständigung helfen.

„Wir zwei hatten großen Spaß"

Tatjane Karashentseva ist mit ihrem kleinen Enkel Misha gekommen. „Wir zwei hatten großen Spaß bei einer Barkassenfahrt über die Elbe“, erzählt die alte Dame. Wenn sie spricht, leuchten Karashentsevas Augen. „Hamburg ist so eine schöne Stadt, und wir sind dankbar, so herzlich empfangen worden zu sein.“ So wie ihr scheint es vielen zu gehen. Ausgelassen tanzen Kinder und Erwachsene zur Musik eines ukrainischen DJs – und scheinen die Strapazen der Flucht für diesen Moment zu vergessen.

„Mit dem Sommerfest wollen wir ein Zeichen setzen und den Menschen zeigen, dass sie hier willkommen sind“, sagt Veranstalter Martin Wolfrat. „Sie haben im Krieg viel Leid erlebt, und wir wollen ihnen signalisieren: Ihr werdet gesehen.“ Außerdem möchte Wolfrat in seiner Branche mit gutem Beispiel vorangehen. Viele Hotels machten mit den Flüchtlingsunterkünften Profit. Mit dem mietfreien Wohnen wolle er zeigen, dass das auch anders geht.

Geflüchtete in Hamburg bleiben vorerst im Sofitel

Unterdessen ist über die Zukunft des Gebäudes am Alten Wall in den vergangenen Monaten viel diskutiert worden. Während zunächst von einem Abriss die Rede war, hieß es zum Jahresende, dass es doch bestehen bleiben und umgebaut werden solle. Bis Ende des Jahres bleiben die Ukrainer noch. „Und dann werden wir weitersehen“, sagt Wolfrat. Künftig solle hier aber wieder auf jeden Fall ein neues Hotel entstehen.

Bis es so weit ist, ist der 23-Jährige Oleksander froh, im Sofitel untergekommen zu sein. Er lebt allein hier, seine Familie ist in anderen Hotels der Stadt untergekommen. „Ich bin so froh, dass es Hamburg geworden ist“, sagt Oleksander geradezu schwärmend. Die Stadt erinnere ihn mit ihren historischen Bauten an seine alte Heimat Kiew. „Deshalb habe ich mich hier direkt wohl und willkommen gefühlt.“

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Hamburg