Hamburg (dpa/lno). Die CDU-Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft will die Befragung von Kanzler Scholz (SPD) im Untersuchungsausschuss zum «Cum-Ex»-Skandal verschieben. Erst müssten neue Erkenntnisse ausgewertet werden. Die SPD-Regierungsfraktion lehnt das ab.

Der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft droht ein Scheitern ihres Antrags auf Verschiebung der für den 19. August geplanten Vernehmung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum «Cum-Ex»-Skandal. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen hätten angekündigt, eine Verlegung von Terminen abzulehnen, teilte die CDU-Fraktion am Freitag mit. Der CDU-Antrag, dem sich alle Oppositionsfraktionen angeschlossen hätten, betrifft den Angaben zufolge neben der neuerlichen Befragung von Kanzler Scholz auch die Vernehmung von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sowie von jenen Mitgliedern der Finanzverwaltung, die an dem Steuerverzicht gegenüber der in den «Cum-Ex»-Skandal verwickelten Hamburger Warburg Bank beteiligt waren.

«Das Verhalten von SPD und Grünen grenzt an eine Verhöhnung der parlamentarischen Kontrolle», sagte der Sprecher der CDU-Fraktion im Ausschuss, Götz Wiese. Dass sich die Grünen als Rechtsstaatspartei diesem Spiel anschließen wollten, lasse tief blicken. So werde die Arbeit des Ausschusses torpediert. «Dies ist geradezu zynisch, wenn man sich bewusst macht, dass sich Olaf Scholz nur an Informationen erinnern mag, die öffentlich bekannt sind.»

Hintergrund der beantragten Verschiebung ist, dass die von der Staatsanwaltschaft Köln laut CDU erst in dieser Woche übermittelten Unterlagen noch ausgewertet werden müssen. Medienberichten zufolge geht es dabei um einen WhatsApp-Chat, in dem eine Hamburger Finanzbeamtin 2016 - kurz nachdem die Finanzverwaltung sich gegen eine Steuerrückforderung gegen die Bank entschieden hatte - einer Kollegin geschrieben haben soll, dass ihr teuflischer Plan aufgegangen sei. Auch lägen Hinweise vor, dass Nachrichten gelöscht oder Aufzeichnungen manipuliert worden sein könnten.

Die SPD-Regierungsfraktion sieht dagegen keinen Grund für eine Terminverschiebung. Aus dem Vermerk der Staatsanwaltschaft gehe hervor, dass sie keinen Hinweis oder gar Beweis für eine politische Einflussnahme auf den Steuerfall gefunden habe, sagte Ausschussobmann Milan Pein. «Entsprechend gibt es auch keinen Grund, seit langem angesetzte Befragungen zu verschieben.» Erneut betonte Pein, dass der Ausschuss nach eineinhalb Jahren Aufklärungsarbeit und der Befragung von mehr als 50 Zeugen aus unterschiedlichen Abteilungen, Ämtern und Behörden kein Einflussnahme durch die Politik auf Steuerentscheidungen festgestellt habe.

Der Untersuchungsausschuss geht der Frage einer möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf den Steuerfall Warburg nach. Kurz nach den Treffen des damaligen Hamburger Bürgermeisters Scholz mit den Bank-Gesellschaftern 2016 hatte sich die Finanzverwaltung entgegen ursprünglicher Planung dazu entschieden, auf Steuerrückforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro zu verzichten und in die Verjährung laufen zu lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.

Bei seiner ersten Vernehmung vor dem Ausschuss im April vergangenen Jahres hatte Scholz jede politische Einflussnahme auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank bestritten. An die Gespräche mit den Gesellschaftern konnte er sich aber nicht mehr erinnern. Auch der damalige Finanzsenator und heutige Bürgermeister Tschentscher wies alle Vorwürfe vor dem Ausschuss als «völlig haltlos» zurück.

Die Warburg Bank musste aufgrund eines Gerichtsbeschlusses inzwischen mehr als 176 Millionen Euro zu Unrecht erstatteter Steuern zurückzahlen. Sie versucht aber weiter auf juristischem Weg, gegen die später vom Finanzamt geänderten Steuerbescheide vorzugehen.

Bei «Cum-Ex»-Geschäften verschoben Finanzakteure Aktienpakete mit («cum») und ohne («ex») Dividendenanspruch rund um den Dividenden-Stichtag in einem vertrackten System und ließen sich dann Steuern erstatten, die nie gezahlt wurden. Dem Staat entstand dadurch ein Schaden in Milliardenhöhe.