Hamburg (dpa/lno). Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher kann sich mit Blick auf die Energiekrise durchaus vorstellen, dass Windräder auch in Naturschutzgebieten aufgestellt werden. Naturschützer der Hansestadt sehen das anders.

Die Umweltverbände BUND und Naturschutzbund Nabu Hamburg kritisieren, dass Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) angesichts des Klimawandels und explodierender Energiepreise Windräder auch in Naturschutzgebieten zulassen will. «Der BUND steht natürlich hinter dem Ziel, zwei Prozent der Landesflächen der Windkraft zur Verfügung zu stellen. Das heißt aber auch, dass Natur und Artenschutz aufgewertet werden müssen. Unsere Naturschutzgebiete sind explizite Vorrangflächen für die Natur», sagte Paul Schmid, stellvertretender Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg, am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Der Natur gehe es ohnehin schon sehr schlecht und es gebe weltweit einen massiven Artenschwund. «Vor diesem Hintergrund ist der Bau von Windkraftanlagen in Naturschutzgebieten tabu.» Es sei völlig klar, dass es keine absolut umweltfreundliche Energieerzeugung gebe. Es müsse deshalb auch viel Energie eingespart werden, betonte Schmid. «Wenn wir unseren Verbrauch nicht um mindestens 50 Prozent drosseln, werden wir die Energiewende nur unter massiver Schädigung von Umwelt und Natur erreichen.» In Hamburg sind seit wenigen Tagen zehn Prozent der Landesfläche als Naturschutzgebiete ausgezeichnet.

Tschentscher hatte am Wochenende bei der «Langen Nacht der "Zeit"» davon gesprochen, dass Windräder künftig auch in Naturschutzgebieten gebaut werden sollen. «Aus meiner Sicht geht es auch, ein Windrad in ein Gebiet zu stellen, in dem es ansonsten nur Natur gibt.» Das sei ein Eingriff, «aber es ist in der Lage, in der wir sind, in der Interessen- und Zielabwägung vertretbar», sagte Tschentscher. Ziel sei es, die Windenergie im Hamburger Hafen mindestens zu verdoppeln.

Der Hamburger Nabu-Vorsitzende Malte Siegert hofft indes darauf, dass Tschentscher lediglich in der Formulierung wertvolle Naturflächen mit Naturschutzgebieten verwechselt hat. «Wenn er dagegen wirklich ernsthaft meint, dass in Naturschutzgebieten Windräder stehen sollen, dann frage ich mich ernsthaft, was er für ein Verständnis für den Schutz von Umwelt und Natur hat. Wenn er das meinte, wäre das eine Pervertierung der Frage, was man jetzt alles vor der Frage der Versorgungssicherheit machen kann.»

Sollte die Aussage stattdessen lediglich unscharf formuliert gewesen sein, wünsche er sich, dass ein Bürgermeister das gerade in einer angespannten Situation wie im Moment besser mache. «Dann ist es wichtig, besser zu formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden.» Eine Zuspitzung dieser Art sei dann unnötig. «Es ist klar, dass wir den Ausbau brauchen. Aber das darf nicht einseitig sein und zu Lasten entweder der Umwelt oder der Wirtschaft gehen. Am Ende des Weges muss es darum gehen, faire Deals einzugehen.»