Hamburg. Inflation und Ukraine-Krieg treiben die Lebensmittelpreise deutlich nach oben. Hamburgs Caterer verlangen deshalb seit Mai für ein Mittagessen an den Schulen 4,50 Euro. Doch das akzeptiert die Schulbehörde nicht und weigert sich, die Rechnungen zu begleichen.

Die Initiative Hamburger Schulcaterer (IHC) und die Elternkammer erhöhen im Streit um explodierende Kosten für das Schulessen den Druck auf Schulsenator Ties Rabe (SPD). Am Freitag forderten mehrere Hundert Catering-Beschäftigte bei einer Demonstration vor dem Rathaus die Übernahme der durch Inflation und Ukraine-Krieg stark gestiegenen Kosten und machten ihrem Ärger ob der bisherigen Weigerung der Behörde mit Trommeln, Trillerpfeifen und Plakaten Luft. Darüber hinaus verlangten sie, dass die bislang nur in Grundschulen angewandte Sozialstaffelung bei den Essenspreisen auf die weiterführenden Schulen bis Klasse 10 ausgeweitet wird.

"Kartoffeln kosten das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr", sagte der IHC-Vertreter und Küchendirektor bei Kinderwelt Hamburg, Volker Jahr. Die Preise etwa für Milch, Eier und Öl seien um 35 Prozent gestiegen. Hinzu komme im Herbst die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde. Das alles lasse sich mit den bisherigen Essenspreisen einfach nicht mehr darstellen. "Man kann uns Caterern nicht sagen, dass wir raffgierige Profitcenter wären und die Zitrone jeden Tag komplett ausquetschen wollen", sagte IHC-Vertreter und Inhaber des Caterers Mammas Canteen, Okan Saiti.

Aktuell müssen Hamburgs gut 203.000 Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen als Vollzahler 4 Euro für ein Mittagessen bezahlen, von August an 4,15 Euro. Die Initiative Hamburger Schulcaterer - deren Mitglieder produzieren nach eigenen Angaben 70 Prozent aller Hamburger Schulessen - verlangt nun aber zur Kostendeckung 4,50 Euro pro Essen und hat dies als Notstand Mitte März bei der Schulbehörde schriftlich angemeldet. Doch von dort kam ein klares Nein, weshalb die Caterer nun seit Mai zwar Rechnungen über 4,50 Euro pro Essen schreiben, diese aber bislang nicht von der Stadt bezahlt bekommen.

Besonders ärgert dabei Amedeus Hajek, IHC-Vertreter und Geschäftsführer der Alsterfood GmbH, dass Schulsenator Rabe eine Kommunikation verweigere und nur die Schulbehörde so bockig sei. Etwa die ebenfalls von der SPD geführte Stadtentwicklungsbehörde habe Ende März entschieden, dass wegen der massiven Steigerungen von 10 bis 29 Prozent im Bausektor eine Stoffpreisgleitklausel gelte und höhere Preise akzeptiert werden müssten. "Exakt die gleichen Steigerungen haben wir", sagte Hajek. Aus seiner Sicht liegt damit eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, die Nachverhandlungen ermöglichen.

Die Schulbehörde sieht das jedoch anders, verweist auf die auf Wunsch der Caterer vor zwei Jahren unterzeichnete Rahmenvereinbarung über die Preise für das Mittagessen. Im Übrigen habe die Schulbehörde den Caterern während der Corona-Pandemie mit zwei Millionen Euro unter die Arme gegriffen, sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Hinzu komme, dass die Stadt seit 2011 für rund 250 Millionen Euro mehr als 270 Schulkantinen saniert oder neu gebaut habe und diese den Caterern kostenfrei zur Verfügung stelle. Allein das entspreche einem Zuschuss von 90 Cent pro Mittagessen.

"Insgesamt übernimmt die öffentliche Hand bereits jetzt mehr als die Hälfte der Kosten der schulischen Mittagessen in Hamburg", sagte Albrecht und wies darauf hin, dass viele Caterer noch erhebliche Zusatzeinnahmen durch Schulkioske hätten. "Vor diesem Hintergrund können wir die jetzigen Forderungen nicht nachvollziehen. Verträge sind einzuhalten", betonte Albrecht.

Nachgeben will derzeit keiner. Die Caterer kündigten bereits an, bei fortgesetztem Nichtbezahlen der Rechnungen vor Gericht zu ziehen. "Wir werden Mahnbescheide rausschicken und dann werden wir das Ganze gerichtlich klären müssen, ob dieser Anspruch rechtens ist", sagte Jahr. Caterer und Elternkammer treibt aber noch ein Thema um, nämlich die Erweiterung der Sozialstaffelung auf weiterführende Schulen bis Klasse 10. Denn dort sei zu beobachten, dass immer mehr Kinder wegen steigender Preise vom Mittagessen abgemeldet würden, sagte Elternkammer-Rechnungsführer Thomas Koester. "Das darf nicht sein."

Einwände der Schulbehörde, dass die Erweiterung der Sozialstaffelung auf weiterführende Schulen nicht finanzierbare zwölf Millionen Euro im Jahr kosten würde, lassen Caterer und Elternkammer nicht gelten. Denn aus ihrer Sicht ließen sich bei der Sozialstaffel auch Kosten sparen. So sei es doch merkwürdig, dass die Hälfte der Gelder Gutverdienern über den Geschwisterrabatt zugutekommen. Ihnen würden pauschal zwei Drittel der Kosten eines Schulessens erlassen, allein weil sie mehr als ein Kind an einer Schule haben, sagte Saiti. "Das kann man besser machen, damit das Geld für mehr Familien mit niedrigem Einkommen reicht."

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