Kiel. Kristina Herbst ist neue Landtagspräsidentin in Schleswig-Holstein. Rund einen Monat nach der Wahl hat sich der neue Landtag konstituiert. Doch eine wichtige Personalentscheidung fällt erst später.

Rund einen Monat nach der Wahl hat Schleswig-Holsteins neuer Landtag seine Arbeit aufgenommen. In der konstituierenden Sitzung wählte das Parlament am Dienstag Kristina Herbst zur neuen Landtagspräsidentin. Die CDU-Abgeordnete sagte, der Landtag müsse noch transparenter werden. "Wir dürfen den Kontakt zu denen nicht verlieren, für die er einzig und alleine da ist: Für die Menschen in unserem Land."

Bei ihrer Wahl erhielt die 44 Jahre alte ehemalige Innenstaatssekretärin 57 Stimmen bei acht Gegenstimmen und einer Enthaltung. Herbst trat die Nachfolge von Klaus Schlie (CDU) an, der die Sitzung auf der Besuchertribüne verfolgte. "Klaus Schlie hat das Amt des Landtagspräsidenten in den vergangenen zehn Jahren mit Leidenschaft und Herzblut ausgefüllt", sagte Herbst.

In ihrer Rede betonte sie, die Politik müsse bei allen Entscheidungen noch stärker die Anliegen sämtlicher Generationen und vor allem junger Menschen berücksichtigen. Teile der Gesellschaft sprächen nicht mehr miteinander oder ergingen sich "in menschenverachtenden Hassmonologen über die anderen". Dies sei ein Prozess der "gesellschaftlichen Fragmentierung und Zementierung von Gräben".

Der Sport könne ein wichtiges Leitbild sein, sagte Herbst. Er sei nicht nur Spiel. "Und Politik ist kein Spiel und darf kein Spielball in den Händen der Politikerinnen und Politiker sein." Die 69 Abgeordneten sollten Mut zu Entscheidungen haben, die Bestand hätten und das Vertrauen in das Parlament stärkten.

Neben Herbst wählte das Parlament Peter Lehnert (CDU), Eka von Kalben (Grüne), Beate Raudies (SPD), Annabell Krämer (FDP) und Jette Waldinger-Thiering (SSW) zu Vizepräsidenten. Für die Ausübung "besonderer parlamentarischer Funktionen" erhält die Landtagspräsidentin zusätzlich zu den 8886 Euro für jeden Abgeordneten einen Aufschlag von 6398 Euro (72 Prozent). Bei den Vizes sind es 1155 Euro (13 Prozent).

Eröffnet hatte die erste Sitzung Alterspräsident Lehnert. Er forderte zu einem respektvollen Umgang miteinander auf. "Dabei ist es wichtig, auch und gerade im politisch anders denkenden Abgeordnetenkollegen nicht nur den Kontrahenten zu sehen, sondern vor allem den demokratischen Mitstreiter, der ebenfalls versucht, den besten Weg und die beste Lösung zu finden." Die übergroße Mehrheit der Menschen erwarte "Lösungen und Brückenvorschläge und keine Vertiefung gesellschaftlicher Gräben".

Peter Lehnert ist mit seinen 59 Jahren zwar nicht der älteste Abgeordnete in Kiel, aber trotzdem der Alterspräsident des Parlamentes. Ältester Abgeordnete ist mit 70 Jahren der CDU-Politiker Werner Kalinka - er gehörte dem Landtag erstmals 1977 an, hatte zwischendurch aber kein Mandat mehr. Weil Lehnert dem Parlament dagegen seit 1992 durchgängig angehört, steht ihm das Amt des Alterspräsidenten zu.

Der jüngster Abgeordnete im neuen Landtag ist mit 24 Jahren der Grüne Jasper Balke aus Lübeck. Im statistischen Durchschnitt war ein Abgeordneter des am 8. Mai gewählten neuen Landtags zu Beginn dieser Wahlperiode 47,5 Jahre alt. 26 der 69 Abgeordneten sind Frauen. Knapp die Hälfte aller Parlamentarier (32) sind Neulinge.

Die Wahl des Ministerpräsidenten folgt später. Die CDU um Regierungschef Daniel Günther verhandelt mit den Grünen über eine Koalition. Das Ende der Gespräche peilen beide Parteien für den 22. Juni an. Sollten Parteitage den Koalitionsvertrag absegnen, soll dieser am 28. Juni unterzeichnet werden. Einen Tag später stünde dann die Wahl Günthers zum Ministerpräsidenten im Landtag in Kiel an. Bei der Landtagswahl am 8. Mai hatte die Union die absolute Mehrheit im Landtag nur um einen Sitz verfehlt.

Günther sagte am Rande der Sitzung: "Zu erleben, wie auch viele neue Abgeordnete zum ersten Mal mit dabei sind, das ist schon ein bewegender Moment nach so einer Landtagswahl - von daher habe ich mich auf den heutigen Tag genau so gefreut wie bei den letzten Malen." Jetzt gehe es für alle darum, fünf Jahre Politik zu gestalten.

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