Hamburg. Hamburg hat viel vor, um die alltäglichen Staus auf den Straßen aufzulösen. Fahrradstadt soll die Hansestadt sein und die Mobilitätswende schaffen. Ein neues Bündnis soll den Fußverkehr stärker mit einbeziehen. Die Opposition sieht das kritisch.

Eine neues Bündnis für Rad- und Fußverkehr soll in Hamburg die Belange von Radfahrern und Fußgängern besser aufeinander abstimmen und die Mobilität insgesamt voranbringen. Ziel sei es, den Umweltverbund aus Radverkehr, Fußverkehr und ÖPNV stärker zu vernetzen, sagten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) am Dienstag bei der Vorstellung der neuen Strategie. Zuvor hatten die 28 Bündnispartner eine Vereinbarung im Rathaus unterschrieben - dazu gehören neben städtischen Unternehmen und Behörden auch alle Bezirksamtsleitungen und die Vorsitzenden der Bezirksversammlungen.

Es handelt sich um die Weiterentwicklung des 2016 geschlossenen Bündnisses für den Radverkehr. Hamburg hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Anteil von Radverkehr, Fußverkehr und ÖPNV an allen Wegen von 64 Prozent auf 80 Prozent zu erhöhen. Allein der Anteil des Radverkehrs soll in den kommenden Jahren von 15 Prozent auf künftig 25 bis 30 Prozent steigen. Eine neue Fahrradstrategie sieht unter anderem vor, dort wo es räumlich und verkehrlich möglich ist, Kfz-, Rad- und Fußverkehr baulich voneinander zu trennen - etwa durch Bordsteine oder klare Markierungen.

"Um die Mobilität für alle zu verbessern und den Straßenverkehr zu entlasten, muss der Anteil des Bus-, Bahn- und Radverkehrs in Hamburg konsequent erhöht werden", sagte Tschentscher. Bereits seit 2011 werde die Fahrrad-Infrastruktur in Hamburg systematisch ausgebaut und modernisiert - der Anteil des Radverkehrs habe sich seither verdoppelt. "Das bessere Angebot an Radwegen, Velorouten und Fahrradstraßen sowie die sichere und komfortable Radverkehrsführung in Kreuzungsbereichen wird von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen", sagte der Bürgermeister.

Tjarks betonte, dass das Bündnis für den Radverkehr in den vergangenen Jahren wesentlich dazu beigetragen habe, dass Tempo beim Ausbau zu steigern. "In den beiden vergangenen Jahren wurden so viele Kilometer Radwege saniert oder neu gebaut wie nie zuvor seit der statistischen Erhebung." Durch das neue Bündnis werde der Blickwinkel noch erweitert. "Wir nehmen den Fußverkehr noch stärker in den Blick", sagte er.

Tschentscher sagte, er wundere sich, dass in verkehrspolitischen Debatten von Einzelnen immer noch der Eindruck vermittelt werde, "dass es möglich sein muss für alle, jederzeit überall mit dem Auto hinzukommen". "Eine solche Vorstellung ist unrealistisch." Nicht einmal in kleineren Städten sei das möglich.

Seitens der Opposition hagelte es Kritik: "Die Interessen der auf das Auto angewiesenen Hamburger werden erneut völlig ignoriert und fallen dem Fahrradpopulismus des Verkehrssenators erneut zum Opfer", monierte der Verkehrsexperte der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Richard Seelmaecker. "Richtig wäre, dass mit einem Generalverkehrsplan der motorisierte Individualverkehr, der Fußverkehr, der Fahrradverkehr und der öffentliche Personennahverkehr endlich ganzheitlich gedacht werden."

Einmal mehr werde deutlich, "dass die sogenannte Mobilitätswende vorsieht, den Autoverkehr so stark wie möglich einzugrenzen", sagte auch der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Dirk Nockemann. "Selbstverständlich ist Fuß- und Radverkehr zu fördern, aber nur im Zusammenspiel aller Verkehrsteilnehmer - das bedeutet unter Berücksichtigung des von Rot-Grün so verhassten Autos."

Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein warnte davor, das neue Bündnis zu einer "PR-Plattform gegen Autofahrer" zu machen. Das sei ignorant denen gegenüber, die auf das Auto angewiesen seien. "Denn sowohl ältere Menschen als auch diejenigen, die aus den Randbezirken in die City wollen, bleiben außen vor."

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