Kiel. Der erste Termin steht: Wahlsieger Günther kündigt für die nächste Woche Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP an. Eine Zweitauflage von Jamaika ist für ihn nicht vom Tisch. Beim Wahlverlierer SPD strebt Landeschefin Midyatli erneut nach dem Fraktionsvorsitz.

Erst die Grünen, dann die FDP: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat nach dem hohen Sieg der von ihm geführten CDU bei der Landtagswahl Sondierungsgespräche für Dienstag nächster Woche vereinbart. Zunächst wolle er am Vormittag mit den Grünen reden und dann am Nachmittag mit der FDP, sagte Günther am Montagabend in Kiel nach einer Sitzung des Landesvorstandes. Er ließ auch die Option einer Neuauflage des Regierungsbündnisses der drei Parteien ausdrücklich offen, obwohl es für Koalitionen allein zwischen CDU und Grünen oder CDU und FDP reicht.

"Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir dieses Bündnis gern fortsetzen würden", sagte Günther. Bei den Sondierungsgesprächen wolle er ausloten, welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit sich bieten. Die Zufriedenheit mit Jamaika sei sehr groß. "Unsere Idee ist, dass wir diese Arbeit dann auch in den nächsten fünf Jahren in die gleiche Richtung fortsetzen", sagte Günther. Man müsse realistisch sagen, dass sich die hohe Zufriedenheit mit der Regierung nicht auf einzelnen Parteien begründe, sondern darauf, dass CDU, Grüne und FDP bei vielen Menschen Vertrauen genießen.

Sowohl die Grünen als auch die FDP haben deutlich gemacht, dass sie für ein Zweierbündnis mit der CDU zur Verfügung stünden. Hier deutet sich trotz anhaltender Skepsis nun Bewegung an.

So stellte Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold in Berlin die Frage: "Wird es eine schwarz-gelbe Vergangenheits- und Stillstands-Koalition, oder wird es eine Modernisierungskoalition mit dem Anspruch, Zukunft und Fortschritt zu gestalten mit uns Grünen?" CDU und FDP stünden einander inhaltlich sehr nahe. Die Menschen hätten aber anerkannt, dass die Regierung in den vergangenen fünf Jahren beim Klimaschutz und in der Sozialpolitik vorangekommen sei.

Die FDP will sich laut Landesparteichef Heiner Garg die Vorstellungen Günthers zu einer Fortsetzung des Jamaika-Bündnisses anhören. Es gebe in der FDP aber eine deutliche Mehrheit für eine Koalition nur mit der CDU, sagte er in Neumünster nach einer Sitzung des Landesvorstandes.

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz sagte, Heinold und er hätten vor der Wahl gesagt, eine Koalition mache nicht so viel Sinn, wenn man nicht gebraucht werde. Jetzt habe sie gesagt, man sollte darüber reden. "Das gilt für mich auch." FDP-Fraktionschef Christopher Vogt hatte am Vormittag gesagt, er rechne mit einer Koalition aus CDU und Liberalen: "Ich halte das für sehr wahrscheinlich".

Die CDU hatte die Wahl mit 43,4 Prozent klar gewonnen. Die SPD stürzte mit Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller auf 16,0 Prozent ab. Die Grünen legten auf 18,3 Prozent zu, während die FDP nur 6,4 Prozent erreichte.

Der als Partei der dänischen Minderheit von der 5-Prozent-Klausel befreite Südschleswigsche Wählerverband (SSW) holte 5,7 Prozent. Ein rechnerisch ebenfalls mögliche Koalition aus CDU und SSW gilt als ausgeschlossen. Die AfD flog mit 4,4 Prozent aus dem Parlament.

Nach dem historisch schlechten Ergebnis der SPD ist das Entsetzen dort groß. "Ein weiter so geht definitiv nicht", sagte Ex-Fraktionschef Ralf Stegner am Rande von Gremiensitzungen. Der frühere Landesvorsitzende Claus Möller sagte, "ich hoffe, der Landesvorstand macht es sich nicht so einfach und sagt, es läge alles nur an Günther".

Fraktionschefin Serpil Midyatli will am Dienstag zur Wiederwahl antreten. "Ich werde der Fraktion morgen vorschlagen, Serpil zur Fraktionsvorsitzenden zu wählen", sagte Losse-Müller. Er will nicht für den Vorsitz kandidieren.

"Wir werden uns jetzt auf starke Oppositionsarbeit einrichten", sagte Midyatli, die auch Landesvorsitzende ist. Sie will mit Losse-Müller weiter ein Team bilden: "Wir stehen zusammen, jederzeit." Statt bislang 21 Sitzen hat die Partei im neuen Landtag nur noch 12 Mandate. Stegner sprach von einem dramatisch schlechten Wahlergebnis.

Möller kritisierte die Wahlkampfführung. "Soziale Gerechtigkeit ist mehr als nur Tablets für alle", sagte er in Anspielung auf Losse-Müllers Wahlversprechen, allen Schülern ab Klasse acht ein Gerät bereitzustellen. Möller regte an, der gesamte Parteivorstand könne sich erneut zur Wahl stellen. "Das wäre eine Möglichkeit, um zu sehen, ob die Partei noch hinter dem Vorstand steht."

Die CDU hatte nach ihrem Erfolg mit Günther bis in die Nacht hinein kräftig gefeiert. Bundesparteichef Friedrich Merz sprach in Berlin von einem "überragenden Erfolg" und betonte: "Das ist Rückenwind für uns als Bundespartei, aber es ist natürlich auch Rückenwind für Nordrhein-Westfalen." Dort wird am kommenden Sonntag gewählt.

Die Grünen legten nicht nur um mehr als 5 Punkte auf den Rekordwert von 18,3 Prozent zu. Sie eroberten auch erstmals einen Wahlkreis. Dies gelang ihnen gleich drei Mal, in Kiel und Lübeck. Im Landtag verfügt die CDU nun über 34 Mandate. Die Grünen kommen auf 14 Abgeordnete, die SPD auf 12, die FDP auf 5 und der SSW auf 4.

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