Hamburg. Sein Koffer kann sprechen, niesen und explodieren. Neben Albert, so der Name des Reisekoffers, stehen Straßenlaterne und ein präparierter Mülleimer im Keller von Sascha Hoffmann. Der Eppendorfer Kinderpsychiater hat ein Zauberzimmer eingerichtet. Beim Kennenlernen neuer Patienten lockert er die Stimmung mit Magie.
Vier Tage in der Woche arbeitet er in seiner Praxis in Winterhude. In seiner Freizeit ist er Zauberer. Zu Beginn seiner Karriere hat Hoffmann beide Berufe getrennt, inzwischen verknüpft er sie – und gehört damit zu den wohl ungewöhnlichsten Kinderpsychiatern Deutschlands. Besonderer Höhepunkt in diesem Frühjahr: Sascha Hoffmann qualifizierte sich nach 2011 zum zweiten Mal für die Deutschen Zaubermeisterschaften. Im Mai sollen nach pandemiebedingter Verschiebung im bayerischen Fürstenfeld wieder Deutschlands beste Zauberer gekürt werden.
Deutsche Zaubereisterschaften: Sascha Hoffmann verrät nichts
Als Kinderpsychiater behandelt Sascha Hoffmann Kinder und Jugendliche bis zum 21. Lebensjahr. Dabei bricht er Barrieren mithilfe kleiner Zaubertricks und gewinnt junge Menschen für die Zauberei. Er verrät grundsätzlich nichts – außer an seine Schüler. In seinem Zauberzimmer bringt er Kindern und Erwachsenen in Kursen die Magie näher. Die Regale des Zimmers sind bis oben hin mit Requisiten und Auszeichnungen gefüllt. An der Decke kleben beschriftete Spielkarten. Seine Besucher suchen sich eine Karte aus – Sascha Hoffmann verewigt sie mit einem Wurf an der Raufaserdecke.
Bereits als Kind begeisterte er Familie und Freunde von der Zauberei, indem er Münzen verschwinden ließ. Mit 18 Jahren wurde der Mediziner vom „Bazillus Magicus“ komplett infiziert: Sascha Hoffmann leistete seinen Zivildienst im Kindergarten, und an den Geburtstagen zauberte er für die Kleinen. Die Freude der Kinder treibt seinen Ehrgeiz bis heute an und steigert seinen Anspruch an die Vorführungen.
An der Zauberei reizt Sascha Hoffmann die Herausforderung. Damit die perfekte Illusion gelingt, muss bis ins kleinste Detail geplant werden. Hoffmann vereint dann viele Talente in einer Person. Beim Konzipieren eines Stücks ist er Designer, Elektriker und Künstler, Logiker und auch ein wenig Psychologe. Weiß er nicht weiter, helfen die Kollegen und Freunde. Trotz aller Mühe ist ein Stück nie ganz fertig.
Sascha Hoffmann will die Jury überzeugen
Hoffmann bildet sich in Seminaren weiter, besucht erstmals ein Zaubereifachgeschäft. Die magische Atmosphäre des Ladens überwältigt ihn. Im Laden lernt er einen Zauberer des Magischen Zirkels kennen, tritt dem Verein bei. Innerhalb des Zirkels tauscht sich Hoffmann mit anderen aus – entwickelt Zaubereiprogramme und tritt 2011 bei den Deutschen Zaubermeisterschaften in der Kinderzaubereisparte an.
Die Jury ist anspruchsvoll: Der erste Platz wird seit 2005 nicht mehr vergeben – er wird Dritter. Die Anspannung, vor Zauberern zu zaubern, beschreibt Hoffmann als „ziemlich grausam“. Statt wie üblich Kindern sitzen bei den Zaubermeisterschaften überwiegend Zauberer im Publikum. Vor mehr als 500 Zuschauern muss er die Jury, bestehend aus gestandenen Profis, mit Neuem überraschen. Damit alles klappt, bereitet Hoffmann sich zwei Jahre auf die Qualifikation vor – und überzeugt die Jury.
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Dass trotz perfekter Planung auch mal Missgeschicke passieren, gehört dazu. „Was vor Publikum passiert, prägt und passiert kein zweites Mal“, sagt Sascha Hoffmann. Meist fallen Fehler den Zuschauern nicht auf: Hoffmann improvisiert. Wenn es denn geht – bei einem Probeauftritt für die Deutsche Meisterschaft öffnete sich Koffer Albert nicht mehr. Später stellte sich ein Kurzschluss als Grund heraus. In der Situation konnte er nichts mehr machen.
2017 wollte Hoffmann es noch mal wissen: Als Zuschauer packt ihn die Lust. Nach zwei Jahren Vorbereitung qualifiziert er sich für die Deutschen Meisterschaften 2020 in Fürstenfeld bei München. Die Pandemie führt zu immer neuen Absagen. Am 12. Mai 2022 soll die Zaubermeisterschaft nun endlich starten. Und mit dabei ist der Kinderpsychiater Sascha Hoffmann aus Hamburg.
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