Hamburg. Der Arztruf 116 117 ist überlastet, in einzelnen Praxen fallen Teams aus, die Labore kommen mit bei der riesigen Zahl an PCR-Tests kaum noch hinterher: Die Omikron-Variante des Coronavirus hat Hamburg im Griff. Dabei erleiden Infizierte, die doppelt geimpft oder sogar geboostert sind, zumeist leichte Krankheitsverläufe. Genau dieser Befund müsse zu einem Umdenken der bisherigen Strategie führen, fordern namhafte Experten im Abendblatt. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Walter Plassmann, sagt: „Wir müssen die PCR-Tests priorisieren und soweit möglich durch Schnelltests ersetzen.“
Bei neun von zehn Einsätzen des Arztrufs geht es um Corona oder PCR-Tests. Diese besonders genauen und bisher als Beleg der Infektion gültigen Nachweise sollen laut Plassmann nicht mehr zur Freitestung genutzt werden. Bis zu zwei Tage warten Verdachtsfälle derzeit auf einen Abstrich im Arztruf, weitere zwei Tage können vergehen, bis das Ergebnis vorliegt.
Das bestätigt Laborchef Dr. Jens Heidrich: „Wir sollten bei PCR-Tests unbedingt anfangen zu priorisieren. Krankenhäuser und Erkrankte gehen vor. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, dass in der aktuellen Lage dreifach geimpfte Menschen vor Reisen einen PCR-Test machen oder dass jeder, der eine rote Warn-App hat, sich im Labor durchtesten lässt.“ Sogar das Testmaterial werde knapp.
Corona Hamburg: PCR-Test auch in Arztpraxen
Plassmann appelliert, den Arztruf nur zu alarmieren, wenn die Beschwerden behandlungsbedürftig seien, beispielsweise bei hohem Fieber oder starken Erkältungssymptomen. Patienten können PCR-Tests nach Anmeldung auch in Praxen machen lassen.
Nach einer internen Auswertung des Vereins Akkreditierte Labore in der Medizin, die dem Abendblatt vorliegt, werden in Hamburg bundesweit die meisten PCR-Tests gemacht – gemessen an der Einwohnerzahl. In der zweiten Woche 2022 waren es 133.000 Tests. In Niedersachsen waren es rund 89.000, in Schleswig-Holstein 65.000.
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Laborarzt Heidrich sagte: „Es ist eine politische Entscheidung. Aber wenn sich alle dreimal impfen lassen, die Omikron-Variante für weitgehend milde Verläufe sorgt und die Hospitalisierungsrate so niedrig ist wie jetzt, sollte man mutiger Kontakte zulassen, damit sich das Virus schneller totlaufen kann.“ Beim anstehenden Stadtderby des HSV gegen den FC St. Pauli könnte er sich ein volleres Stadion vorstellen, das mehr als nur 2000 Zuschauern fasst: „Restaurants und Institutionen halten das nicht mehr lange durch. Ich zum Beispiel würde das Fußballderby HSV gegen St. Pauli vor geimpften Zuschauern stattfinden lassen. Spätestens beim DFB-Endspiel Pauli gegen HSV in Berlin will ich dabei sein."
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