Hamburg. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass Hamburg bei der Digitalisierung der Schulen weit zurückliegt. Die Schulbehörde hat nachgelegt und nun Bilanz gezogen. Das Ergebnis: Tausende neue Tablets, WLan in den Klassenräumen und ein zufriedener Schulsenator.

Die mit Ausbruch der Corona-Pandemie massiv verstärkte Digitalisierung an Hamburgs 376 staatlichen Schulen trägt Früchte. "Die digitale Infrastruktur an den Schulen wurde in den vergangenen zweieinhalb Jahren verdreifacht", sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Dienstag. Das sei eine stolze Leistung, sei das Hamburger Schulsystem doch das mit Abstand "größte Unternehmen" Norddeutschlands mit mehr als 30.000 Beschäftigten, 285.000 Nutzerinnen und Nutzern, mehr als 1000 Standorten und rund 2,7 Millionen Quadratmetern Büro- und Bildungsräumen. "Eine Digitalisierung in einem solch gigantischen Bereich (...) die lässt sich nicht einfach machen, indem man den Lichtschalter anknipst und alles wird hell", sagte Rabe.

Nach Angaben des Senators ist die Zahl der Computer und digitalen Endgeräte an den Schulen seit 2018 von 55.000 auf nunmehr rund 140.000 gestiegen. Insgesamt gebe es rund 75.000 Notebooks und Tablets. Lehrkräften stünden seit diesem Schuljahr zudem erstmals rund 20.500 Dienst-Tablets zur Verfügung. Zusätzlich seien in den rund 12.000 Unterrichtsräumen 11.500 digitale Tafeln installiert worden. WLan gebe es nun in allen Klassenräumen fast aller Schulen, konkret in 153 der 155 weiterführenden und berufsbildenden staatlichen Schulen und 218 der 221 staatlichen Grundschulen und Sonderschulen.

Ein 100-prozentiger Ausbau sei nur deshalb nicht zustande gekommen, weil einige Schulen umgebaut oder saniert würden und vor Abschluss der Bauarbeiten keine WLan-Installation möglich sei. Die Leistungsfähigkeit des WLan betrage an den weiterführenden Schulen ein Gigabit pro Sekunde, an den Grundschulen 500 Megabits pro Sekunde. Von den bis 2023 zur Verfügung stehenden 166 Millionen Euro des Bundes seien inzwischen rund 95 Millionen Euro investiert worden. "Zusammen mit unseren Landesmitteln ist das ein gewaltiges Investitionsprogramm von 200 Millionen Euro", sagte Rabe.

Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Birgit Stöver, sprach zwar von erfreulichen Fortschritten. WLan an fast allen Schulen sollte im Jahr 2022 jedoch eine Selbstverständlichkeit sein und nicht als großer Erfolg verkauft werden. Auch der Datenschutz sei weiterhin ein Hemmschuh. "Als CDU-Fraktion erwarten wir, dass sich der Schulsenator mit dem Hamburger Datenschutzbeauftragten und seinen Kollegen aus den Ländern und Bund verständigt und für Rechtssicherheit sorgt, damit auch in Schulen die marktübliche Standard-Software eingesetzt werden kann." Schule dürfe an der Lebenswirklichkeit nicht vorbeilaufen.

Die Linken-Schulexpertin Sabine Boeddinghaus gestand Rabe zu, dass sich in den beiden Corona-Jahren viel getan habe. Doch der entscheidende Punkt sei, dass immer noch nicht wirklich jede Schülerin und jeder Schüler ein Endgerät besitze, dass wirklich alle Schulen die notwendige Bandbreite und alle Klassenräume WLan hätten, dass alle Lehrkräfte des Digitalen mächtig seien und allen Schülern funktionstüchtige Lernplattformen zur Verfügung stünden. "Diese digitale Schlafmützigkeit von Bund und Ländern sorgt dafür, dass das augenblickliche Omikron-Chaos an den Schulen nicht mit Wechsel- und Distanzunterricht aufgelöst werden kann", sagte Boeddinghaus.

FDP-Landesvize Ria Schröder betonte, "neben Geräten brauchen die Schülerinnen und Schüler aber vor allem gut ausgebildete Lehrkräfte, die digitale Möglichkeiten für die individuelle Förderung nutzen". Der Bund werde im Rahmen eines Digitalpakts 2.0 entsprechende Mittel zur Verfügung stellen. Der AfD-Schulexperte Alexander Wolf nannte die Digitalisierung an Hamburgs Schulen dagegen ungenügend. "Für Senator Rabe kann es da nur eine Bewertung geben: Setzen, Sechs!" Rabe müsse endlich seine Hausaufgaben machen, "ansonsten bleibt das Internet an Schulen weiterhin Neuland".

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