Köln. Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße tritt am Dienstag als Zeuge vor Gericht auf. In dem Prozess ist ein Priester wegen Kindesmissbrauchs angeklagt. Heße war mit dem Fall befasst - doch der Priester wurde danach erneut eingesetzt.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sagt am heutigen Dienstag (14.00 Uhr) als Zeuge in einem Missbrauchsprozess am Landgericht Köln aus. Heße war 2010 als Personalchef des Erzbistums Köln mit dem Fall eines Priesters befasst, der jetzt wegen Kindesmissbrauchs angeklagt ist. Bei der Befragung von Heße könnte es auch darum gehen, ob er weitere Missbrauchstaten des Mannes hätte verhindern können.

2010 war der heute 70 Jahre alte katholische Priester schon einmal von einer seiner Nichten angezeigt worden, aber nach einiger Zeit zog sie die Anschuldigung zurück. Das Erzbistum Köln übernahm daraufhin die Hälfte der Anwaltskosten des Priesters und setzte ihn erneut ein. Er hatte wieder mit Kindern zu tun - und soll erneut Missbrauch begangen haben.

Heße bestreitet, damals als Personalchef des Erzbistums Köln etwas vertuscht zu haben. "Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, um jedem Fall gerecht zu werden", beteuerte er 2020 in einem Interview mit der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt".

In einem vom Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki in Auftrag gegebenen Gutachten des Strafrechtlers Björn Gercke wurden Heße im vergangenen Jahr jedoch elf Pflichtverletzungen bei der Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch während seiner Kölner Zeit angelastet. Dabei ging es um Verstöße gegen die Melde- und Aufklärungspflicht. Heße bot daraufhin seinen Rücktritt an, doch Papst Franziskus beließ ihn im Amt. Zwar sah auch er "persönliche Verfahrensfehler Heßes". Das Gutachten habe aber nicht ergeben, dass diese Fehler "mit der Absicht begangen wurden, Fälle sexuellen Missbrauchs zu vertuschen", urteilte der Papst.

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