Groß Pampau. Eine Tongrube in Groß Pampau ist immer wieder für Überraschungen gut. Rund elf Millionen Jahre alte Wale, Robben und Schildkröten hat ein ehrenamtliches Grabungsteam dort schon gefunden. Jetzt gibt es Streit um die Präsentation der Funde.

Erneut ist einem Grabungsteam in der Tongrube Groß Pampau im Kreis Herzogtum Lauenburg ein bedeutender Fund gelungen. In rund 500 Tonnen Abraum entdeckten sie den Gehörknochen (lat.: Perioticum) und Teile des Gehirnschädels eines rund elf Millionen Jahre alten Urzeitwals. "Das war ein absoluter Glücksfall, den nur wenige Zentimeter langen Gehörknochen in dem Lehmhaufen zu entdecken", schilderte Finderin Svenja Warnke den großen Moment. Der Fund ist von besonderer Bedeutung, weil sich mithilfe des Perioticums die Walart bestimmen lässt.

"Wir gehen davon aus, dass es sich hier um eine bislang unbekannte Art handelt," sagte Grabungsleiter Gerhard Höpfner. Seit mehr als 30 Jahren gehen Höpfner und seine ehrenamtlichen Mitstreiter in der Tongrube östlich von Hamburg regelmäßig auf die Suche nach paläontologischen Funden. Dort werden immer wieder Skelette von urzeitlichen Haien, Walen und anderen Meeresbewohnern gefunden. Die Teammitglieder gehen davon aus, dass sie dort noch mindestens zehn Jahre lang weitere Schätze finden werden.

"Die Artenvielfalt der Meeressäuger macht Groß Pampau zu einer in Deutschland einzigartige Fundstelle", sagte Oliver Hampe vom Museum für Naturkunde in Berlin. Der Wirbeltierpaläontologe erforscht die Walfauna der erdgeschichtlichen Epochen des Mittel- und Obermiozäns von Groß Pampau und ist regelmäßiger Gast an der Grabungsstelle. "Leider hatte ich noch keine Gelegenheit, mir die neuesten Funde anzusehen, was ich aber noch in diesem Sommer vorhabe", sagte Hampe.

Zuvor waren in der Tongrube, in der gewerblich Ton für Deponieabdichtungen abgebaut wird, unter anderem die Überreste einer rund elf Millionen Jahre alten Lederschildkröte und eines Riesenhais gefunden worden. "Der Hai war etwa zehn Meter lang und gehörte vermutlich zur Art Cetorhinus maximus", sagte Höpfner damals. Auch Reste einer rund elf Millionen Jahre alten Ur-Robbe wurden in Groß Pampau bereits gefunden.

Grund für den Fundreichtum der Grube ist nach Angaben Hampes eine geologische Besonderheit. Ein unterirdischer Salzstock drücke den ehemaligen Meeresboden der Ur-Nordsee langsam aber sicher nach oben, erläutert Hampe. Deshalb liege diese Schicht hier nur wenige Meter unter der Erdoberfläche. "Die gewaltigen Gletscher der vergangenen Eiszeiten haben die Skelettteile allerdings zermahlen und verstreut", sagte Hampe.

Deshalb sei bei der Bergung der Skelettteile auch besondere Sorgfalt erforderlich, weiß auch Teammitglied Andreas Malchow. "Wir haben erst vor einigen Tagen einen 70 Kilo schweren Tonblock mit großen Schädelteilen aus einer Wand geborgen", berichtete Malchow. "Wir haben den Block als Ganzes mit Folie und Klebeband umwickelt und in eine Transportwanne gelegt", schilderte er. Später werden die Knochen gesäubert und von Höpfner in seinem Lübecker Wohnhaus präpariert. "Das ist ein riesiges Puzzle, allein für die Aufbereitung des Schädels benötige ich rund 250 Arbeitsstunden", sagte er.

Um die Ausstellung der Funde im Museum für Natur und Umwelt in Lübeck gibt es allerdings seit 2020 Streit. Die Hansestadt möchte eine Kooperationsvereinbarung mit dem Grabungsteam abschließen. "Es gibt unterschiedliche Vorstellungen zur Rolle des Grabungsteams bei der zukünftigen Entwicklung des Museums", sagte Lübecks Kultursenatorin Monika Frank zur Begründung. Eine solche Vereinbarung lehnen Höpfner und das Grabungsteam jedoch bislang ab. "Uns ist etwas anderes versprochen worden, als jetzt realisiert werden soll", sagte Höpfner. Dafür habe das Team nicht Jahre lang gearbeitet. "Doch egal, was passiert, wir graben weiter", versprach Höpfner.

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