Entscheider treffen Haider

„Das ist der Rhythmus, bei dem jeder mit muss“

| Lesedauer: 6 Minuten
Arndt-Helge Grap ist der Gründer und Chef von Radiopark.

Arndt-Helge Grap ist der Gründer und Chef von Radiopark.

Foto: Roland Magunia

In dieser Folge mit Arndt-Helge Grap, dem Gründer von Radiopark, das Unternehmen auf der ganzen Welt mit der richtigen Musik versorgt.

Hamburg. Kann man mit Musik beeinflussen, wie schnell Menschen durch einen Supermarkt gehen oder wie viel Wein sie in einem Sterne-Restaurant bestellen? Verführt Klassik dazu, mehr Geld auszugeben? Und welche Lieder hören eigentlich die Milliardäre auf ihren Superjachten? Das sind Fragen, die Arndt-Helge Grap in der neuen Folge unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ beantwortet.

Der Hamburger ist Gründer von Radiopark, einer Firma, die auf der ganzen Welt für den richtigen (Hintergrund-)Sound sorgt – und dafür auf ein Repertoire von mehr als einer Million Lieder zurückgreift. Das komplette Gespräch hören Sie unter Sie unter www.abendblatt.de/entscheider.

Der Fragebogen: Schon das Kind wollte Musiker werden

Das sagt Arndt-Helge Grap über…

… seinen Lieblingssänger:

„Das ist James Taylor, er war einer der Gründe, weshalb ich angefangen habe, Gitarre zu spielen. Auch ein Gregory Porter läuft bei mir viel. Mit affektierten Sängern kann ich dagegen nicht so viel anfangen.“

… seinen ungewöhnlichen Weg zum Unternehmer:

„Ich habe Musik studiert, mein Schwerpunktinstrument war klassische Gitarre, und ich wollte entweder Singer-Songwriter werden oder Gymnasiallehrer für Musik. Über eine Verbindung der Hamburger Musikhochschule bin ich dann aber als Moderator zu Radio Hamburg gekommen. Die Privatradioszene Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre war Revolution. Aber dann kam die Zeit, in der die Sender alle durchformatiert wurden und alle dieselbe Musik gespielt haben – das hat mich gelangweilt, und ich habe mir etwas Neues gesucht.“

… den ersten Kunden:

„Mein erster Kunde war die AIDA: Die waren auf ihrem ersten Kreuzfahrtschiff AIDAcara mit der Musik in den öffentlichen Bereichen, den Restaurants und Bars überhaupt nicht zufrieden. An Bord standen Hunderter-CD-Wechsler-Türme, die irgendjemand bestückt hat, und die dann einfach nach dem Zufallsprinzip Musik abspielten. Das war ziemlich planlos und die Musik zum Teil furchtbar. Ich habe für das Schiff dann ein Musikkonzept entwickelt und dafür gesorgt, dass in jedem Bereich der passende Sound zur richtigen Zeit erklang – was wir digital von Hamburg aus gesteuert haben und bis heute steuern. Das war 2003 und die Geburtsstunde von Radiopark.“

… das Geschäftsmodell von Radiopark:

„Wir haben das klassische Abo-Modell auf B2B-Musikkanäle übertragen: Der Kunde kauft oder mietet ein Abspielgerät und schließt ein Abo für maßgeschneiderte Musik ab, die wir ihm digital und individuell kuratiert in sein Geschäft, Hotel oder Schiff liefern. Die Ansprüche sind unterschiedlich: Ein Fast Food Restaurant verdient sein Geld zum Beispiel damit, dass dort möglichst viele Menschen in kurzer Zeit durchgeschleust werden.

Entsprechend darf die Musik nicht zum Hinsetzen einladen, sondern muss etwas schneller und energetischer sein. Im Sterne-Restaurant ist es genau umgekehrt, dort soll die Musik dafür sorgen, dass die Gäste lange bleiben und vielleicht noch eine Flasche Wein bestellen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, haben wir in unserem Archiv mehr als eine Million Songs aus allen denkbaren Genres. Das Abo kostet im Monat übrigens 50 und 100 Euro, ausgewählt wird die Musik bei uns von unseren Musikredakteuren - ehemaligen Radioleuten oder DJs.“

… die Frage, wie Musik Umsätze und Aufenthaltsdauer von Kunden oder Gästen beeinflussen kann:

„Aus Untersuchungen im Lebensmitteleinzelhandel wissen wir, dass das Tempo und der Rhythmus von Musik die Gehgeschwindigkeit der Kunden beeinflusst. Der Spruch: „Das ist der Rhythmus, bei dem jeder mit muss“ stimmt. In einem Weinhandel hat man getestet, wie verschiedene Musikstile das Kaufverhalten beeinflussen. Das Ergebnis: Wenn Klassik gespielt wurde, gaben die Kunden mehr Geld pro Einkauf aus als bei Popmusik. Noch eine Erkenntnis: Wenn die richtige Musik an einer Bar gespielt wird, gehen die Umsätze deutlich nach oben – und sei es nur, weil die Gäste länger dort sitzen bleiben.“

… Musik, die für Umsätze und Kundenzufriedenheit nicht zuträglich sind:

„Als Gitarrist würde ich gerne viel Carlos Santana spielen. Aber seine Gitarrensolos können, wenn sie im Hintergrund laufen, richtig nervig sein. Auch Soul-Ladies wie Tina Turner, die stimmlich richtig Gas geben, funktionieren nicht. Die Menschen gehen ja nicht ins Restaurant oder Hotel, um Musik zu hören. Musik ist nur ein Teil der Gesamtatmosphäre“

… seine Musik auf den Superyachten dieser Welt:

„Die Eigner solcher Yachten sind in den vergangenen Jahren verstärkt zu unseren Kunden geworden, und weil das vor allem reiche Russen und Araber sind, haben wir inzwischen auch russische und arabische Mitarbeiter. Denn natürlich wollen die Eigner Musik aus ihrer Heimat hören. Ich bin stolz, dass wir nahezu alle Großyachten, die man kennt, von Hamburg aus mit Musik versorgen. Um die Playlists zu erstellen, treffen wir uns aber in der Regel nicht mit den Eignern, sondern werden von Mitarbeitern gebrieft. Im besten Fall bekommen wir eine Liste der Lieblingslieder. Hier die richtige Auswahl zu treffen, ist maximal anspruchsvoll, weil es oft sehr kurzfristige Wünsche gibt…“

… Hintergrundmusik bei Ärzten und in Krankenhäusern:

„Wir arbeiten seit einiger Zeit intensiv am Thema Medizin. Zu unseren Kunden zählen einige Schönheitskliniken und nur wenige Allgemeinärzte. Dabei gibt es viele Untersuchungen zur heilenden Wirkung von Musik. Ein zweiter wichtiger Faktor: die Atmosphäre in einer Arztpraxis ändert sich durch Musik – unter anderem, weil Musik Angst abbaut und für mehr Diskretion sorgt. Man bekommt nicht mehr mit, was andere Patienten mit der Sprechstundenhilfe besprechen. Und bei Zahnärzten müsste Hintergrundmusik eigentlich Pflicht sein, damit man die furchtbaren Geräusche der Bohrer nicht hören kann.“

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