Hamburg. Das Congress Center Hamburg (CCH) sollte im Sommer 2019 wiedereröffnet werden. Doch bis heute ist der Gebäudekomplex eine Baustelle. Die erste Veranstaltung sei für den 22. September diesen Jahres geplant, ist einer Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Thilo Kleibauer zu entnehmen.
Die Übergabe des Bauteils West soll erst im Oktober erfolgen. Und es kommt zu einer weiteren Kostensteigerung. Zunächst sollte die Revitalisierung der maroden Immobilie 194 Millionen Euro kosten. Aber im Zuge der Bauarbeiten gab es eine weitere Finanzspritze. Die Bürgerschaft genehmigte rund 36 Millionen Euro zusätzlich.
CCH-Sanierung kostet weitere Millionen
Doch auch das reichte nicht aus. Auf Anfrage sagte der von der Stadt eingesetzte Projektleiter Hellmut Körner dem Abendblatt: „Die Corona Pandemie hat ab Ende 2020 schwerwiegende Probleme ausgelöst. Durch Verzögerungen sind zusätzliche Kosten ausgelöst worden, durch den Weiterbetrieb der Baustelle, durch Nachträge der beauftragten Unternehmen oder Ersatzvornahmen wegen mangelnder Kapazitäten in Baubereich und nicht zuletzt durch die extremen Preissteigerungen im Baubereich.“ Zum Ausgleich der zusätzlichen Kosten seien 6,2 Millionen Euro Eigenkapital zur Verfügung gestellt worden, so Körner weiter.
Aber es gibt weitere Kosten. Dabei geht es um den Bauteil West, der erst 2007 in Betrieb genommen wurde, und der verursacht nun weitere 13,5 Millionen Euro „Zusatzbudget“. In der Antwort auf die Anfrage des CDU-Abgeordneten Kleibauer heißt es: „In Vorbereitung der Wiederanbindung von Lüftung, Sanitär- und Sicherheitstechnik an die zentralen Aggregate haben die Prüfsachverständigen und die beauftragten Unternehmen im Herbst des Jahres 2020 schwerwiegende verdeckte Mängel insbesondere im Brandschutz und in der Elektrik festgestellt. Der Bauteil West hat inzwischen seinen Bestandschutz verloren und muss für die Wiederinbetriebnahme saniert werden.“
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Dadurch hätten sich Verzögerungen in der Planung, bei Genehmigungen und durch schwierige Auftragsvergaben ergeben, sodass derzeit von einer Übergabe an HMC im Oktober dieses Jahres ausgegangen werde. Aber das ist noch nicht alles:
Hamburg bürgt für 25-Millionen-Euro-Kredit
Die Stadt bürgt für einen 25-Millionen-Euro-Kredit, den die CCHI (Anm. d. Red. Betreibergesellschaft im Eigentum der Stadt) in Anspruch nehmen darf, „um die erforderliche kurzfristige Anordnung von Maßnahmen zu Umsetzung des neuen Zeit- und Inbetriebnahmeplans zu ermöglichen“, heißt es in einer Drucksache des Senats. Davon wurden bislang 19,8 Millionen Euro in Anspruch genommen.
„Der Inanspruchnahme der temporären Kredit-Erweiterung von aktuell 19,8 Millionen Euro stehen Forderungen gegen die Unternehmen (Anm. d. Red. die von der Stadt beauftragt wurden) gegenüber. Die Forderungen sind von einem Spezialunternehmen baubetrieblich bewertet und dokumentiert worden.
CCH ist seit Ende 2016 geschlossen
Die Schlussabrechnung für das Projekt kann erst nach Beendigung der Arbeiten und Eingang der Schlussrechnungen der beauftragten Unternehmen erfolgen“, sagte Körner. Bereits im März hatte das Abendblatt berichtet, dass die Stadt gegen an dem Bau beteiligte Firmen Klagen vorbereitet. Damit verbunden sind Schadenersatzforderungen in zweistelliger Millionenhöhe. Eine erneute Abendblatt-Anfrage zum Stand der Dinge wurde nicht beantwortet.
Das CCH ist seit Ende 2016 geschlossen. Nach der Fertigstellung soll es eines der modernsten Kongresszentren in Europa sein und das Tagungsgeschäft weiter ankurbeln. Das CCH besteht aus drei Gebäudeteilen, die durch den gläsernen Gang „Belvedere“ verbunden werden. Vom neu erbauten Ostteil gelangen die Besucher in den sanierten Mittelteil und danach in den 2007 eröffneten Westteil. Das CCH soll nach der Wiederöffnung über rund 50 Säle und Besprechungsräume mit Platz für insgesamt 12.000 Menschen verfügen.
Kritik von der Opposition wegen CCH-Kosten
Unterdessen gibt es Kritik von der Opposition: „Erneut kommt es zu einer deutlichen Kostensteigerung für die CCH-Sanierung. Dieses Großprojekt ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Offenbar gab es in den letzten 12 Monaten insbesondere mit dem Bauteil West massive Probleme, die der Senat bislang verschwiegen hat. Hier muss jetzt der Sachstand transparent dargelegt werden. Es ist unfassbar, dass nach jahrelanger Bau- und Planungszeit Ende 2020 neue schwerwiegende Mängel bei Brandschutz und Technik auftauchen“, sagte der CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer dem Abendblatt.
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Der Vize-Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Hamburg, Jürgen Nielsen, sagte. „Sollten die Zahlen tatsächlich stimmen, dann beweist das einmal mehr, dass der Hamburger Senat nicht in der Lage ist, große Projekte vernünftig zu planen und durchzuführen. Schlimmer noch. Es fehlt an Kontrolle. Die Corona-Pandemie darf hier nicht als Alibi dienen.“
Grüne: Kostensteigerungen durch Corona verursacht
In Hamburg bildet rot-grün eine Koalition. Auf Abendblatt-Anfrage kündigte Grünen-Haushaltesexperte Dennis Paustian-Döscher an: „Die Kostensteigerungen bei der Sanierung des CCH sind ärgerlich, aber vor allem durch die Covid–Pandemie verursacht.
Nach Abschluss der Bauarbeiten und nach Vorlage der Schlussrechnung werden wir uns aber natürlich auch anschauen müssen, ob es Anpassungsbedarf im Bereich des kostenstabilen Bauens gibt und ob strukturelle Probleme erkennbar sein sollten. Dies ist ein permanenter Lernprozess.“
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