Hamburg. Bricht ein Mensch mit einem Herzstillstand zusammen, wissen die Umstehenden oft nicht, was zu tun ist.

Die dramatischen Minuten während des EM-Spiels im Kopenhagener Parken-Stadion wird so schnell kein Fußballfan vergessen. Kurz vor der Halbzeitpause im Spiel Dänemark gegen Finnland war der dänische Fußballspieler Christian Eriksen mit einem Herzstillstand zusammengebrochen. Nur durch eine sofort vorgenommene Herzdruckmassage und dann dem Einsatz eines Defibrillators konnte der 29-Jährige nach bangen Minuten wiederbelebt werden. Letztlich war es der einmalige Elektroschock, der das Herz des jungen Sportlers wieder zum Schlagen brachte.

Die Deutsche Herzstiftung schätzt, dass in Deutschland jährlich mindestens 66.000 Menschen einen plötzlichen Herztod erleiden – das größte Risiko dafür besteht bei Menschen ab einem mittleren Lebensalter und eher bei Männern. Allein im Großraum Hamburg trifft es rund 2000 Menschen im Jahr, schätzt der Arbeiter Samariter Bund Hamburg (ASB). „Das Hauptproblem ist, dass kaum jemand der Umstehenden dann weiß, wie er sich in einer solchen Situation zu verhalten hat“, sagt Sprecherin Petra Witt. Dabei seien die ersten Minuten nach dem Herzstillstand ganz entscheidend: „Mit jeder Minute, in der nichts unternommen wird, sinken die Überlebenschancen des Verunglückten um zehn Prozent.“

Eintreffen des Rettungsdienstes dauert in Hamburg im Schnitt acht bis zehn Minuten

Das Eintreffen von Feuerwehr oder Rettungsdienst dauert in Hamburg im Schnitt acht bis zehn Minuten. „Bis Rettungskräfte die Wiederbelebung einleiten können, ist der Überlebens-Zeitraum in der Regel schon überschritten und die Erfolgsquote entsprechend gering“, sagt Thomas Ulbrich vom ASB, der seit 1992 mit dem Rettungswagen unterwegs ist. Tatsächlich spielen also Laien bei der Wiederbelebung die wichtigste Rolle. Durch ihr schnelles Handeln – eine Herzdruckmassage und im besten Fall der Einsatz eines Defibrillators – ist ein Überleben ohne Folgeschäden möglich.

Diese Automatisierten Externen Defibrillators (AED), kurz Defis genannt, hängen mittlerweile an immer mehr Standorten in Hamburg. in öffentlichen Gebäuden, Hotels, Universitäten, Sportvereinen und Unternehmen. Rund 1150 sind derzeit in Hamburg registriert. Doch wo sind sie zu finden? Um Ersthelfern die Suche zu erleichtern, hat der Arbeiter Samariter Bund (ASB) 2012 die App „Hamburg schockt“ ins Leben gerufen – Projektleiterin ist Petra Witt.

Über die App kann der Rettungsdienst alarmiert werden

Über die App kann der Rettungsdienst alarmiert werden, außerdem zeigt sie neben dem eigenen Standort alle in der Nähe verfügbaren Defibrillatoren an. Auch Personen, die zum Beispiel als betriebliche Ersthelfer ausgebildet wurden, ihre Hilfe auch über die App anbieten und sich gerade im Umfeld befinden, können alarmiert werden. Außerdem erklärt „Hamburg schockt“ die wichtigsten Schritte einer Herzdruckmassage, damit diese auch von Ungeübten sofort durchgeführt werden kann. „Im Idealfall werden drei weitere Ersthelfer durch die App alarmiert: einer, der bei der anstrengenden Herz-Lungen-Wiederbelebung unterstützt, einer, der das AED-Gerät besorgt, sowie einer, die die Rettungskräfte in Empfang nimmt“, sagt Petra Witt.

Wie oft die App schon Leben gerettet hat, ist dem ASB nicht bekannt. „Datenschutzgründe“, sagt Petra Witt. Aber einige könnten es sein. Denn alleine in Hamburg wurde die App mittlerweile mehr als 40.000 mal heruntergeladen. Und auch andere Städte und Bundesländer nutzen die Hamburger Erfindung – darunter Berlin, Frankfurt, Lüneburg, Leipzig, Kassel und Hannover sowie die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Allerdings gibt es in der Hansestadt noch etliche weiße Flecken. Petra Witt wünscht sich daher, dass noch mehr Betriebe und Institutionen einen Defi anschaffen und im Ernstfall über die App zur Verfügung stellen. „Die AEDs sind wirklich selbsterklärend und dadurch für jeden kinderleicht zu bedienen“, sagt sie. „Angst, etwas falsch zu machen, braucht man nicht zu haben!“

Nur jeder Fünfte traut sich eine Herzdruckmassage zu

Tatsächlich traut sich nach einer Untersuchung der Asklepios-Kliniken nur jeder Fünfte eine Herzdruckmassage zu. Um Menschen zu ermutigen, dennoch in Notfällen einzugreifen, schreiben der Asklepios-Konzern und das Hamburger Abendblatt daher in diesem Jahr zum siebten Mal den Asklepios Lebensretterpreis aus. Ausgezeichnet werden Personen, die in den vergangenen 18 Monaten jemanden per Herzdruckmassage oder Defibrillator wiederbelebt haben. Wer jemanden vorschlagen oder sich selbst bewerben möchte, kann sich in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah das Bewerbungsformular besorgen oder es unter abendblatt.de/lebensretter herunterladen. Einsendeschluss ist der 13. August, die Preisverleihung findet am 22. September statt.