Hamburg. Erst war es unklar, dann wollte er doch - und nun wieder nicht. Warburg-Bank-Mitinhaber Olearius möchte doch nicht vor dem Untersuchungsausschuss zum “Cum-Ex“-Skandal erscheinen. Er fühlt sich durch einen Fernsehbericht vorverurteilt.

Der Mitinhaber der in die "Cum-Ex"-Affäre verwickelten Warburg Bank, Christian Olearius, will wegen einer Fernsehreportage über den Steuerskandal vorerst doch nicht vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft aussagen. Er fühle sich durch die ARD-Dokumentation "Der Milliardenraub - Eine Staatsanwältin jagt die Steuer-Mafia" vom 7. Juni als "Gesicht der Steuermafia" verunglimpft und vorverurteilt, sagte sein Anwalt Klaus Landry am Freitag in der elften Sitzung des Untersuchungsausschusses. Von den mehr als 1000 mutmaßlichen Verdächtigen seien in dem Film zwei gezeigt worden, darunter Olearius. Der 79-Jährige sehe deshalb keinen Sinn mehr darin, vor dem Ausschuss zu erscheinen.

Olearius hatte Ende Mai angekündigt, in dem Gremium auszusagen und sollte eigentlich am 25. Juni befragt werden. Bislang lassen sich Olearius und Mitinhaber Max Warburg im Ausschuss durch Anwälte vertreten. Der Untersuchungsausschuss will den Vorwurf einer möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank klären. Hintergrund sind Treffen des damaligen Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz mit Olearius in den Jahren 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals bereits Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung.

Später ließ Hamburg mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren. Eine weitere Forderung über 43 Millionen Euro wurde nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert. Die inzwischen pensionierte Leiterin des Finanzamts für Großunternehmen sagte im Ausschuss als Zeugin, sie sei überzeugt gewesen, gegen Verbrecher müsse sofort vorgegangen werden. Im konkreten Fall sei es dann aber sehr schwierig geworden. Denn es habe sich bei der Warburg Bank die Frage der Nachweisbarkeit gestellt. Schnell sei klar gewesen, dass die Finanzbehörde eingeschaltet werden müsse.

Der schlimmste Fall wäre gewesen, wenn die Steuern zurückgefordert worden wären und die Staatsanwaltschaft eine Woche später ihre Ermittlungen eingestellt hätte, sagte die frühere Finanzamtschefin. Dann hätte man den Bescheid nicht einfach zurücknehmen können, denn dann wäre die Bank möglicherweise schon ruiniert gewesen. Übrig geblieben wäre dann, dass ein "wildgewordenes Finanzamt" eine Bank zerstört habe. Daher sei letztlich auf die Forderungen verzichtet worden. Eine direkte und indirekte Einmischung aus der Politik - von Scholz oder dem damaligen Finanzsenator und heutigen Bürgermeister Peter Tschentscher - schloss sie aus: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Finanzsenator in Einzelfälle einarbeitet und dann auch entscheidet."

Zuvor hatte bereits der im Ausschuss als Betroffener geladene Chefsyndikus der Warburg Bank auf eine Bedrohung des Kreditinstituts durch mögliche Steuerrückforderungen hingewiesen. Es hätten damals Forderungen bis zu 169 Millionen Euro zuzüglich Zinsen im Raum gestanden, was durch die Eigenkapitalquote nicht zu decken gewesen wäre. Das sei eine große Sache für die Bank gewesen, sagte er.

Olearius habe daraufhin mit Scholz sprechen wollen. "Das war aber nicht unter der Überschrift Einflussnahme auf die Politik", sagte der Jurist. Es sei vielmehr um die Information des Ersten Bürgermeisters gegangen. Ob er selbst Olearius zugeraten habe, daran könne er sich nicht erinnern. Er habe aber Statements vorbereitet. Eine Nachbesprechung zum Treffen mit Scholz habe es nicht gegeben.

Scholz selbst sagte bereits Ende April vor dem Ausschuss aus und wies dabei jeglichen Verdacht zurück, Einfluss genommen zu haben. An die Inhalte der Gespräche mit Olearius und Warburg habe er sich aber nicht erinnern können, sagte der heutige Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat.

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