Flemhuder See. Am Nord-Ostsee-Kanal wird gebaggert, was das Zeug hält. Ein großer Teil des Aushubs wird am Flemhuder See zu einem Erdwall aufgeschüttet, auf dem künftig heimische Pflanzen wachsen sollen.

Im Minutentakt rollen Trecker an und laden aus Muldenkippern Erde ab zwischen dem Flemhuder See und der Autobahn 210 bei Achterwehr. 200 bis 300 Touren täglich kommen hier zusammen. In den nächsten Monaten wird hier ein 100 mal 50 Meter großer und mehr als 120.000 Kubikmeter umfassender Erdwall wachsen, errichtet aus Material, das beim Ausbau des nahen Nord-Ostsee-Kanals anfällt.

Zwischen Kiel und Rendsburg werden derzeit also gewaltige Erdmengen bewegt. "Wir rechnen mit einer Bauzeit von voraussichtlich rund acht Monaten", sagte Projektleiter Georg Lindner am Montag im Blick auf den künftigen Erwall. Dieser soll eine Höhe von 18 Metern über dem Meeresspiegel erreichen und bepflanzt werden. Die Erde stammt aus der bisherigen Kanalböschung. Die rund 100 Kilometer lange Wasserstraße zwischen Kiel und Brunsbüttel wird auf der sogenannten Oststrecke verbreitert, und die Radien enger Kurven werden vergrößert, damit große Schiffe den Kanal leichter befahren können.

Das 500 Millionen Euro teure Vorhaben soll bis 2030 abgeschlossen werden. Die Arbeiten im ersten Abschnitt - dieser kostet 120 Millionen Euro - zwischen Großkönigsförde und Schinkel liegen nach Angaben des Wasserstraßen-Neubauamtes gut im Zeitplan. Rund 1,4 Millionen Kubikmeter Erde fallen hier an. Trockenes Material von den Kanalböschungen landet ansonsten auch auf Agrarflächen in Kanalnähe.

"Eine Besonderheit besteht darin, dass aus Gründen der Standfestigkeit des Erdwalls nur statisch geeigneter Boden eingebaut werden darf", erläuterte Lindner. Hier wurde auch Messtechnik installiert. Diese überwacht zum Schutz der nahen Autobahn die Arbeiten und mögliche Veränderungen am künftigen Erdwall.

Sobald die Trockenbaggerarbeiten beendet sind, kann der Boden unter der Wasserlinie des Kanals abgebaggert werden. Was dort herausgeholt wird, werden Schuten - sofern das Material nicht belastet ist zum Beispiel durch Diesel - in ein Ostsee-Gebiet rund zehn Kilometer östlich der Halbinsel Schwansen bringen und dort ins Meer verklappen.

Der Kanal zwischen Kiel und Brunsbüttel gilt als weltweit meistbefahrene künstliche Seewasserstraße. Nachdem er lange vernachlässigt wurde, werden jetzt auch die Schleusen in Brunsbüttel und Kiel erneuert und die alte Levensauer Hochbrücke bei Kiel ersetzt.

Der Verkehr auf dem Kanal war schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Die Ladungsmenge der Schiffe betrug 2019 noch 83,5 Millionen Tonnen, nachdem es im Spitzenjahr 2008 rund 105 Millionen Tonnen waren. Im vergangenen Jahr sanken die Zahlen coronabedingt noch weiter. 2020 fiel die Ladungsmenge auf noch gut 73,8 Millionen Tonnen, 11,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Schiffe sank um 12,3 Prozent auf 25.247.

In welchem Maße es nach der Pandemie wieder aufwärts geht, ist offen. Der Bund setzt darauf, dass der Ausbau der Oststrecke und die Modernisierung der Schleusenanlagen die nach acht Jahren Bauzeit 1895 eröffnete künstliche Wasserstraße zukunftsfest machen werden. Die Investitionen zumindest sind enorm: "Alles in allem 2,6 Milliarden Euro steckt der Bund in den nächsten Jahren in den Ausbau und Erhalt des Kanals", hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Oktober vorigen Jahres gesagt.

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