Hamburg. Die Impfpriorisierung ist aufgehoben. Bei Betriebsärzten und in den Hausarztpraxen kann nun jeder versuchen, eine Corona-Schutzimpfung zu erhalten. Der knappe Impfstoff sorgt für Kritik. Für Hamburgs Gesundheitssenatorin kommt das Ende der Priorisierung zu früh.

Mit Aufhebung der Impfpriorisierung haben am Montag in Hamburg auch die Betriebsärzte mit Corona-Schutzimpfungen begonnen. Ab sofort könnten sich die Mitarbeiter der Hochbahn im betriebseigenen Impfzentrum impfen lassen, schrieb der Verkehrsbetrieb auf Twitter. Auch die Stadtreinigung begann mit der Impfung der rund 4000 Beschäftigten in einem eigenen Impfzentrum, ebenso große Unternehmen wie Edeka oder Aurubis. In Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) eröffnete die Handelskammer ein überbetriebliches Corona-Impfzentrum.

"Mit unserem Impfzentrum schaffen wir ein bundesweit einzigartiges Angebot, um gerade kleinen und mittleren Unternehmen ohne eigene Betriebsärzte das Impfen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu ermöglichen", sagte Handelskammer-Präses Norbert Aust. Unternehmen, die ihre Beschäftigten in der Handelskammer impfen lassen wollen, können sich per Mail auf eine Warteliste setzen lassen.

Aust sagte, die größte Bremse bei den Impfungen sei nach wie vor das Fehlen von Impfstoff. Deshalb könne es zunächst nur schrittweise vorangehen, sagte auch Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). "Die Betriebsärztinnen und -ärzte erhalten ihren Impfstoff wie die Arztpraxen auch über die Apotheken von den Impfstoffherstellern - und deren Liefermengen sind derzeit leider noch sehr begrenzt."

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die nach Gefährdung gestaffelte Impfreihenfolge zum Montag aufgehoben. Auch in den Hamburger Hausarztpraxen kann nun jeder versuchen, einen Termin zu bekommen. Da noch immer viele Impfberechtigte aus den Priorisierungsgruppen 1 bis 3 keine Impfung erhalten haben, behält Hamburg die Reihenfolge im zentralen Impfzentrum weiter bei.

Leonhard kritisierte die Aufhebung der Priorisierung zum jetzigen Zeitpunkt. "Wir kommen nun in einige Wochen, in denen wir keine Priorisierung haben und keinen Impfstoff", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Das Problem sei, dass der Bund allen Interessierten den Eindruck vermittle, nun eine Impfung erhalten zu können. Der Impfstoff dafür fehle jedoch.

Der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, Jochen Kriens, warnte vor einer Überlastung der Hausärzte. "Tatsächlich geraten die impfenden Ärztinnen und Ärzte aber noch weiter unter Druck, da einerseits der Ansturm auf die Praxen zunimmt, gleichzeitig aber nach wie vor nur sehr geringe Mengen an Impfstoff zur Verfügung stehen", sagte er der dpa.

Unterdessen stieg die Sieben-Tage-Inzidenz in Hamburg leicht von 20,4 auf 20,7. Am Montag kamen 26 Neuinfektionen hinzu, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. Das waren 5 mehr als am Sonntag und am Montag vor einer Woche, als jeweils 21 neue Fälle gemeldet wurden. Die Zahl der seit Beginn der Pandemie an oder im Zusammenhang mit dem Coronavirus in Hamburg gestorbenen Menschen erhöhte sich laut Robert Koch-Institut (RKI) um 1 auf 1572.

Auf den Intensivstationen der Hamburger Krankenhäuser wurden am Montagvormittag laut Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) 39 Covid-19-Patienten behandelt, davon mussten 33 invasiv beatmet werden.

Laut RKI wurden in Hamburg bis einschließlich Sonntag 797 951 Menschen mindestens einmal geimpft, 386.205 erhielten bereits eine Zweitimpfung. Mit Impfquoten von 43,2 beziehungsweise 20,9 Prozent liegt Hamburg jeweils unter dem Bundesdurchschnitt.

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