Pierre-Durand-Reihe

Krimi-Autorin Sophie Bonnet über ihre wahre Identität

| Lesedauer: 13 Minuten
Krimi-Autorin Heike Koschyk alias Sophie  Bonnet in ihrem Hamburger Schreibbüro.

Krimi-Autorin Heike Koschyk alias Sophie Bonnet in ihrem Hamburger Schreibbüro.

Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Die Hamburgerin schreibt unter falschem Namen. Im Abendblatt spricht sie über die Hintergründe und über ihre Projekte.

Hamburg. Sophie Bonnet heißt gar nicht Sophie Bonnet, und sie wohnt auch nicht in der Provence, obwohl sie sehr beliebte Krimis schreibt, die genau dort spielen. Sophie Bonnet heißt Heike Koschyk, lebt und arbeitet in Hamburg-Groß-Borstel und hat gerade den achten Band ihrer Reihe um den Ermittler Pierre Durand („Provenzalischer Sturm“) veröffentlicht.

In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht sie über ihren berufsbedingten Namenswechsel, den Erfolg der Südfrankreich-Krimis, die vor allem von deutschen Autoren geschrieben werden – und über ihr neues Projekt mit der Familie Lagerfeld.

Das sagt Sophie Bonnet über …

… ihren Künstlernamen:

„Ich möchte französische Lebensart transportieren. Die Leserinnen und Leser sollen Frankreich spüren und leben, und wenn dann die Autorin Heike Koschyk heißt, passt das irgendwie nicht. Wenn du diesen Namen liest, hast du einfach nicht die Provence im Kopf, das ist ein Störgefühl. Deshalb schreibe ich die Reihe mit Pierre Durand als Sophie Bonnet. Inzwischen fühle ich mich auch wie eine Sophie, werde von Freundinnen so genannt und manchmal sogar von meinem Mann. Sie ist ein Teil meiner Persönlichkeit geworden.“

… das Genre der Südfrankreich-Krimis, die Spannung, Urlaubsgefühl und gutes Essen kombinieren:

„Die Zeit der erfolgreichen Südfrankreich-Krimis begann vor gut zehn Jahren mit Martin Walker und Jean-Luc Bannalec, der im normalen Leben übrigens Jörg Bong heißt. Es war so, dass ich immer Romane schreiben wollte, die in der Provence spielen, und tatsächlich hatte ich schon vorher ein solches Buch geschrieben, allerdings unter meinem richtigen Namen, das sich nur mittelmäßig verkauft hat.

Als Bannalec und Walker auf einmal diese großen Erfolge hatten, dachte ich: Vielleicht warst du mit deiner Idee einfach nur zu früh dran. Ich habe sofort meinen Agenten angerufen und gesagt: Es kommt eine Frankreich-Welle auf uns zu, bei der möchte ich unbedingt dabei sein. Ich habe eine Leseprobe geschrieben, der Blanvalet-Verlag war interessiert, räumte mir einen Platz frei. So war ich in der ersten Welle dabei und bin bis heute geblieben, wofür ich sehr dankbar bin. Am Anfang hatte ich übrigens die Idee zu einem Buch. Doch dem Verlag war ganz klar, dass daraus eine Serie um Pierre Durand wird.“

… das kulinarische Element in ihren Krimis:

„Ich finde, dass man mit dem Beschreiben von Essen viele Emotionen transportieren kann, deshalb ist das in meinen Krimis ein extrem wichtiges Element. Es hilft den Leserinnen und Lesern aus meiner Sicht, tiefer in die Geschichten einzutauchen. Ich selbst koche gern und habe die Gabe, ein Gericht, das ich gegessen habe, nachkochen zu können. Wenn ich in der Provence unterwegs bin, probiere ich viel, fotografiere Speisekarten, kaufe authentische Kochbücher und lass das dann alles in meine Romane einfließen.“

… Morde:

„Ein Krimi braucht einen Mord, der im Zentrum einer Aufklärung steht. Das unterscheidet ihn von einem Thriller. Bei mir wird in jedem Prolog ein Mensch ermordet, das ist der Beginn der Handlung. Der neue Band geht mit einem Winzer los, der mit der Tradition seiner Familie bricht und sein Weingut verkauft, weil ihm die Arbeit zu hart ist und er von einem neuen Leben mit seiner Frau träumt …“

… Recherche-Reisen:

„Für jeden Band bereise ich die Region in der Provence, in der die Geschichte spielt, und recherchiere. Das Dorf, in dem Pierre Durand lebt, gibt es so zwar nicht, das Drumherum möchte ich aber so genau und anschaulich wie möglich beschreiben. Deshalb sind die Recherche-Reisen so wichtig, und deshalb hoffe ich, dass ich irgendwann trotz Corona wieder los kann.“

… Corona in ihren Büchern:

„Corona wird in meinen Büchern niemals ein Thema sein. Ich will ja, dass die Menschen entschleunigen und sich in eine neue Welt hineinträumen können, dass Sehnsüchte bedient werden, nach der Provence und dem Leben dort, die ich selbst habe. Da passt der Alltag, der uns alle so stark belastet hat und weiter belastet, nicht hinein. Zumindest nicht in der Form von Corona.“

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… das Geheimnis um Pierre Martin:

„Das ist auch ein deutscher Kollege, der unter einem anderen Namen schreibt und dessen echter Name ein Geheimnis ist. Ich bekomme lustigerweise oft Zuschriften, in denen Leute glauben, erkannt zu haben, dass ich auch Pierre Martin bin. Ich kann nur sagen: Ich bin es nicht, ich würde noch eine Krimireihe gar nicht schaffen. Ich bin sehr froh, wenn mir jedes Jahr ein neuer Band mit Pierre Durand gelingt. Es gehört wahnsinnig viel Konzentration dazu, immer wieder ein sehr gutes Buch zu machen. Ich möchte, dass es perfekt ist, und das kann manchmal anstrengend sein. Wenn ich nicht zufrieden wäre, würde ich es nicht veröffentlichen lassen.“

… andere Buchprojekte:

„Die Arbeit als Sophie Bonnet ist mein Herzblutprojekt, mit der würde ich niemals aufhören. Aber man ist mit einer anderen Sache auf mich zugekommen, einem Projekt, das mich begeistert hat: Es geht um die Familiengeschichte von Otto Lagerfeld, den Vater von Karl. Darüber schreibe ich zwei Bände, dafür habe ich sehr geheime Materialien von der Familie bekommen. Das ist ein großer Schatz und eine große Ehre. Dazu muss man wissen: Ich liebe es zu recherchieren, ich finde nichts schöner, als in irgendwelchen verstaubten Archiven zu hocken. Und diesmal schreibe ich als Heike Koschyk.“

… ihren Weg zur Schriftstellerin, nachdem sie lange in der Modebranche und als Heilpraktikerin gearbeitet hatte:

„Ich war nicht von Anfang an eine tolle Schriftstellerin. Gute Bücher zu schreiben hat viel mit Handwerk zu tun, das muss man lernen, und dafür braucht man Zeit. Ich habe den Traum gehabt, und ich musste dafür hart arbeiten. Ich habe viel gelesen und versucht herauszufinden, warum bestimmte Bücher erfolgreich sind und andere nicht. Das hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Ich habe mein ganzes Leben darauf hingearbeitet, Schriftstellerin zu werden, mit ganz vielen Umwegen, die mir aber letztendlich auch weitergeholfen haben: In der Modebranche habe ich viel über die Sinnlichkeit von schönen Dingen gelernt, und als Heilpraktikerin habe ich viel über Menschen erfahren und hinter ihre Fassaden blicken dürfen.“

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Hamburger Abendblatt: Was wollten Sie als Kind werden und warum?

Sophie Bonnet: Bereits als Kind wollte ich Schriftstellerin werden. Ich hatte eine blühende ­Fantasie und liebte es, in andere Welten einzutauchen. Im Ferienlager musste ich immer Gute-Nacht-Geschichten erzählen, und eine Zeit lang schrieb ich Abenteuergeschichten à la „Fünf Freunde“.

Was war der beste Rat Ihrer Eltern?

Bonnet: Sie prägten mir ein, dass alles möglich ist, wenn man an sich glaubt und bereit ist, für seine Träume zu arbeiten. Dieser Rat hat mich gut durchs Leben begleitet. Und wenn es trotzdem mal nicht geklappt hat, dann war es rückblickend auch kein guter Weg.

Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?

Bonnet: Das ist keine einzelne Person. Eher sind es Menschen, die etwas bewegen, indem sie anderen ein Vorbild sind. Die nicht mit Druck oder erhobenem Zeigefinger die Welt verändern wollen, sondern mit Visionen. Wie beispielsweise Jules Verne oder die Biontech-Gründer Özlem ­Türeci und Uğur Şahin.

Was haben Ihre Lehrer/Professoren über Sie gesagt?

Bonnet: Mein Deutschlehrer hat mich zum Schreiben ermutigt. Er sagte, ich habe Talent. Doch dann kam ein anderer Lehrer, der einen Aufsatz vor der ganzen Klasse verriss ... Damit war mein Traum vorerst erledigt.

Wann und warum haben Sie sich für den Beruf entschieden, den Sie heute machen?

Bonnet: Nachdem ich als Dozentin für Naturheilkunde ein Fachbuch eingereicht hatte und es sofort verlegt wurde, habe ich mich an meinen alten Traum erinnert und beschlossen, Schriftstellerin zu werden.

Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?

Bonnet: Meine Eltern. Sie haben lange in Amerika gelebt und hatten einen entsprechend liberalen und fördernden Blick auf mich. „Du schaffst das schon“ war ihr Standardspruch. Und später der Blanvalet-Verlag, der schon nach 60-seitiger Leseprobe an das Potenzial meiner Krimiserie um Ermittler Pierre Durand geglaubt hat.

Auf wen hören Sie?

Bonnet: Auf meinen Mann. Er ist mein bester Ratgeber.

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

Bonnet: Wenn ich für eine Sache brenne, folge ich meinem Bauchgefühl. Und da ist mir egal, ob ich damit Geld verdiene oder nicht. Aber am Ende bedeutet Geld auch Unabhängigkeit. Es gibt mir die Freiheit, keinen Zwängen folgen zu müssen; das tun zu können, was ich gerne möchte.

Duzen oder siezen Sie?

Bonnet: Gerne duzen. Aber es muss auch passen.

Was sind Ihre größten Stärken?

Bonnet: Mein unerschütterlicher Optimismus und der unbedingte Wille, bei Problemen eine Lösung zu finden. Und die Fähigkeit, sich in andere Menschen einfühlen zu können und dafür auch mal die Perspektive zu wechseln.

Was sind Ihre größten Schwächen?

Bonnet: Mein Perfektionismus. Und die Neigung, mir Dinge zu sehr zu Herzen zu nehmen. Da hätte ich gerne ein dickeres Fell.

Welchen anderen Schriftsteller/ Künstler würden Sie gern näher kennenlernen?

Bonnet: Götz Otto. Er spricht meine Hörbücher ein und hat eine wundervolle Stimme. Aber er ist sehr scheu, und so habe ich ihn noch nie persönlich kennengelernt.

Was würden Sie ihn/sie fragen?

Bonnet: Tatsächlich hätte ich keine bestimmte Frage. Ich würde einfach gerne mit ihm einen Kaffee trinken, um den Menschen, der meinem Pierre Durand seine Stimme leiht, besser kennenzulernen.

Wann haben Sie zuletzt einen Fehler gemacht?

Bonnet: Kommt darauf an, was Sie als Fehler definieren. Kleinere Fehler macht man ja leider immer mal, das ist menschlich.

Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?

Bonnet: Mich von Unternehmen und Personen zu trennen, die mir meine Träume ausreden wollten, weil sie mir nichts zutrauten. Vor neun Jahren habe meinen ganzen Mut zusammengenommen und noch einmal ganz von vorne begonnen.

Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche?

Bonnet: Das kommt immer ganz darauf an, in welcher Phase des Manuskripts ich mich gerade befinde. Vor Abgabeterminen kenne ich kein Wochenende und arbeite bis in die Nacht hinein. Es fällt mir ohnehin schwer, abzuschalten. Dieser Punkt gehört tatsächlich auch zu meinen Schwächen.

Wie viele Stunden schlafen Sie (pro Nacht)?

Bonnet: Rund sieben.

Wie gehen Sie mit Stress um?

Bonnet: Positiver Stress ist produktiv. Solange ich ein Ziel vor Augen habe, spornt es mich an. Aber natürlich gibt es auch Tage, an denen mir alles zu viel wird. Dann ziehe ich mich zurück und suche die Stille. Oder ich fahre an die Ostsee und lasse mir den Wind um die Nase wehen, um wieder aufzutanken.

Wie kommunizieren Sie?

Bonnet: Ich kommuniziere auf vielfältige Weise. Coronabedingt vorwiegend über Sprachnachrichten. Das ist fast wie bei einer guten Unterhaltung. Man lässt den anderen ausreden und gibt erst dann eine Antwort.

Wie viel Zeit verbringen Sie an Ihrem Schreibtisch?

Bonnet: Zu viel. Aber ich habe ja auch einen wundervollen Beruf!

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?

Bonnet: Ich würde ihnen raten, das Ziel mit Engagement und Leidenschaft zu verfolgen, aber dabei lern- und kritikfähig zu bleiben.

Und zum Schluss: Was wollten Sie immer schon mal sagen?

Bonnet: In Zeiten von Shit-Stürmen, Verkürzungen und Schubladendenken wünschte ich mir, dass sich die Menschen mit mehr Wohlwollen und Wertschätzung begegnen. Vom „Ich“ zurück zum „Wir“.

( HA )

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