Kiel. Viele Menschen versuchen vergeblich einen Impftermin zu bekommen oder erhalten ihn erst nach zermürbend vielen Versuchen. Schleswig-Holstein zieht daraus Konsequenzen. Ab Juni gilt ein geändertes Vergabesystem.

Von Juni an läuft die Vergabe von Terminen für die Corona-Schutzimpfung in Schleswig-Holstein nach einem neuen Verfahren. Impfwillige können sich beim Impfzentrum ihrer Wahl verbindlich anmelden und bekommen bei Verfügbarkeit einen Termin zugewiesen. Damit entfällt die Möglichkeit, sich einen Termin aussuchen zu können, sagte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am Dienstag.

Viele Menschen seien frustriert davon, mehrfach auf das Impfportal gehen zu müssen und es immer wieder neu versuchen zu müssen. "Das entfällt in Zukunft mit der Registrierung." Die Verteilung der Termine geschehe bei großer Nachfrage in der Anfangsphase nach dem Zufallsprinzip. Für die Impfzentren bekomme Schleswig Holstein aktuell rund 80 000 Impfdosen pro Woche zugewiesen. Diese Zahl werde sich voraussichtlich im Juni nicht erhöhen, sagte Garg.

Der Minister stellte in Aussicht, dass noch vor den Sommerferien mit den ersten Impfungen von Schülern begonnen werden könne, wenn der Impfstoff von Biontech rechtzeitig für unter 16-Jährige zugelassen werde und der dafür vom Bund vorgesehene Impfstoff zur Verfügung stehe. "Wir alle haben ein riesen Interesse daran, dass das Schuljahr 2021/2022 mit möglichst wenig Restriktionen für die Schülerinnen und Schüler beginnen kann", sagte Garg. Das Bundesgesundheitsministerium habe zugesagt, gesonderte Kontingente Impfstoff an die Länder zu liefern, die ausschließlich für die Schüler eingesetzt werden.

Zu Aufhebung der Impfpriorisierung äußerte sich Garg kritisch. Schleswig-Holstein werde die Priorisierung in den Arztpraxen vorerst nicht aufheben. Man halte sich aber an den Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, die den Termin zur Aufhebung auf den 7. Juni gesetzt hat. Bei der großen Zahl der Menschen vor allem der Priorität drei, die noch keinen Termin haben, halte er die Beibehaltung der Priorisierung für wichtig. Das Land prüfe anhand des Impffortschritts, wann in den Impfzentren die Priorisierung aufgehoben werden könne, sagte Garg. "Das kann der 7. Juni sein, das kann aber auch ein etwas späterer Zeitpunkt sein."

Die Reaktionen auf die Änderung des Impftermin-Vergabesystems fiel unterschiedlich aus. Für die SPD-Fraktion kritisierte die stellvertretende Vorsitzende Birte Pauls den Einsatz des Zufallsprinzips. "Wenn es um die Gesundheit der Menschen geht, darf es nicht wie beim Glücksspiel zugehen".

Der Landesvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Alfred Bornhalm, nannte die Entscheidung einen Schritt in die richtige Richtung für alle Menschen, die einen digitalen Zugang haben. "Für alle anderen Menschen fordern wir die Landesregierung weiterhin auf, einen barrierefreien Weg zu einem Impftermin aufzuzeigen." Niemand dürfe von den Impfangeboten ausgeschlossen werden.

Für den SSW-Abgeordneten Christian Dirschauer zeigt die Änderung des Vergabeverfahrens eine "späte, aber wichtige Einsicht". SSW und SPD hätten seit Wochen an die Jamaika-Koalition appelliert, die zermürbende Terminhatz durch ein geregeltes Einladungsverfahren zu ersetzen.

Aus der CDU-Fraktion kam dagegen Lob: "Kein Konzept ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden kann. Wenn sich nun also auch die Impfterminvergabe des Landes optimieren lässt, ist das eine erfreuliche Nachricht", teilte der Abgeordnete Hans Hinrich Neve mit.

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