Kiel. Erst einmal ein Hoffnungsschimmer: Das Land kassiert mehr Steuereinnahmen als im letzten Herbst vorhergesagt. Doch die Finanzministerin bleibt vorsichtig. Heinolds Mahnung zur Haushaltsdisziplin richtet sich auch an die eigenen Jamaika-Reihen.

In die coronageplagte Landeskasse Schleswig-Holsteins wird nach der jüngsten Steuerschätzung mehr Geld fließen als noch vor wenigen Monaten erwartet. Bei der Vorstellung der Zahlen sprach Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) am Dienstag von einer leichten Erholung der Einnahmeentwicklung. Im Vergleich zur November-Schätzung konnte die Erwartung des Landes für den Zeitraum 2021 bis 2025 um insgesamt 222 Millionen Euro nach oben korrigiert werden. Zudem brauche das Land voraussichtlich nicht rund 650 Millionen, die es als Vorsorge für Mindereinnahmen im Zusammenhang mit Steuerrechtsänderungen des Bundes eingeplant hatte.

Die Einnahmen der Kommunen bewegten sich bereits wieder auf dem vor der Corona-Pandemie prognostizierten Niveau, teilte Heinold mit. Die Gewerbesteuereinnahmen sind nicht so stark eingebrochen wie zunächst befürchtet.

"Die Prognose macht Hoffnung, aber die Herausforderungen bleiben groß", sagt Heinold. Die jetzigen Erwartungen lägen immer noch deutlich unter den Prognosen aus der Zeit vor Corona. Noch fehlten dem Land 650 Millionen Euro. Trete die Entwicklung tatsächlich so wie jetzt eingeschätzt ein, werde das Land deutlich weniger Mittel aus dem Notkredit brauchen, den der Landtag im vorigen Jahr in Höhe von 5,5 Milliarden Euro beschlossen hatte. Auch die konjunkturell bedingte Neuverschuldung könnte dann verringert werden. Zudem würde sich der offene Handlungsbedarf in der Finanzplanung verkleinern.

Der sich andeutende Aufholprozess bei den Steuereinnahmen hänge davon ab, ob der Trend sinkender Infektionszahlen anhält und die Öffnungen in der Pandemie verantwortbar umgesetzt werden können. "Wir sind noch immer mitten in der Pandemie", sagte Heinold. Die Prognose sei eine Momentaufnahme.

Die finanzielle Situation bleibe angespannt, betonte Heinold. "Wir müssen uns weiterhin auf die in der Jamaika-Koalition vereinbarten Schwerpunkte konzentrieren." Neue Ausgabewünsche müssten mit Finanzierungsvorschlägen hinterlegt sein. Zuletzt hatte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) Heinold mit der kostenträchtigen Ankündigung verblüfft, Informatik solle Pflichtfach für die Klassen 7 und 8 werden. Sie sei irritiert über diese neue Forderung gewesen, sagte Heinold am Dienstag. Jetzt sei man im "Diskussions- und Findungsprozess."

Für das laufende Jahr werden für das Land Einnahmen von rund 10,7 Milliarden Euro erwartet, ein Plus zur November-Schätzung von 36 Millionen. Für 2022 verringert sich dagegen die Einnahmeerwartung um rund 23 Millionen Euro auf gut 11,2 Milliarden. Damit wäre aber dennoch die Vor-Corona-Zahl von 10,75 Milliarden übertroffen. In den Jahren darauf soll das Aufkommen im Vergleich zur November-Prognose weiter steigen, bis 2025 auf über 12,5 Milliarden Euro.

Auch für die Kommunen zeichnet sich gemessen an der November- Steuerschätzung eine Erholung ab. Sie können nun für dieses Jahr mit einem Plus von 252 Millionen Euro rechnen. 2025 mit fast 480 Millionen.

"Die Ergebnisse der Steuerschätzung machen deutlich, dass das Land finanziell wohl mit einem blauen Auge durch die Krise kommen wird", sagte die SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies. "Das ist aber kein Grund übermütig zu werden, denn die Spielräume bleiben eng."

Es gebe keinen Grund zur Euphorie, sagte auch CDU-Kollege Ole-Christopher Plambeck. "Die Pandemie und ihre Folgen sind noch lange nicht überwunden." Das Land müsse weiterhin bedacht handeln, solide wirtschaften und die richtigen Schwerpunkte setzen.

"Es überrascht nicht, dass sich mit der wirtschaftlichen Erholung auch die Steuereinnahmen stabilisieren werden", erklärte Annabell Krämer von der FDP. Denn der Staat ernähre sich aus der Substanz der Wirtschaft. "Das sollten auch unsere politischen Mitbewerber berücksichtigen, wenn sie mit Steuererhöhungen liebäugeln und damit die wirtschaftliche Erholung gefährden."

Grundsätzliche Änderungen auf Bundesebene forderte der Grüne Lasse Petersdotter. Bisher gehe die Pandemie voll auf Kosten der finanziell schlechter Gestellten, von Geringverdienern, Pflegepersonal, Kindern und Jugendlichen. "Währenddessen werden auf der anderen Seite dicke Krisengewinne eingefahren, an den Börsen, in der Digitalwirtschaft und beim E-Commerce." Auch hemme die Schuldenbremse nötige Investitionen in klimagerechten Umbau, Infrastruktur und Digitalisierung.

© dpa-infocom, dpa:210518-99-646172/3