Hamburg. 1. Mai in Corona-Zeiten in Hamburg - schon zum zweiten Mal. Von Linksextremen angemeldete Demonstrationen sind aus Infektionsschutzgründen verboten. Dennoch hat die Polizei viel zu tun.

Linke Demonstranten haben sich am 1. Mai in Hamburg ein Katz-und-Maus-Spiel mit einem Großaufgebot an Polizisten geliefert. Dabei kamen vor der Roten Flora im Schanzenviertel auch Wasserwerfer zum Einsatz. Immer wieder wurden Gruppen von bis zu 150 Personen, die ungeachtet eines Versammlungs-Verbots auf die Straße gingen, von der Polizei festgesetzt. Es gab zwei Festnahmen. Die von Linksextremen angemeldeten Demos waren aus Infektionsschutzgründen verboten worden.

Schon am Mittag wurde eine Demonstration mit laut Polizei rund 80 Teilnehmern zwischen Schanzenpark und U-Bahnhof Schlump gestoppt. Es kam vereinzelt zu Handgreiflichkeiten, als Beamte der Bundespolizei die Demonstranten aus der anarchistischen Szene von der Straße drängten. Sie hatten sich zuvor an dem Bahnhof eingefunden und waren mit einem wartenden Lautsprecherwagen Richtung Dammtor gezogen. Nach gut 100 Metern wurden sie von starken Polizeikräften gestoppt. Der Lkw wurde nach Polizeiangaben sichergestellt.

Eine Gruppe von mehr als 40 größtenteils schwarz gekleideten Demonstranten wurde wenig später in der Nähe der Messehallen von der Polizei eingekesselt. Sie seien in Gewahrsam genommen worden, sagte ein Polizeisprecher.

Ursprünglich hatte die Gruppe vom Schlump unter dem Motto "Sachma', geht's noch?! Kapitalismus ist der Superspreader" eine Demonstration am U-Bahnhof Emilienstraße angemeldet, die jedoch aufgrund des Infektionsschutzes gerichtlich verboten worden war.

Am Nachmittag verlagerte sich das Geschehen in den Bereich um den Bahnhof Dammtor, wo ursprünglich drei von dem von Autonomen organisierten Bündnis "Wer hat, der gibt" angemeldete Kundgebungen geplant waren. Auch dort versuchten Demonstranten immer wieder, zur von der Polizei abgeriegelten Moorweide zu gelangen.

Mit einem Wasserwerfereinsatz löste die Polizei eine Versammlung vor der Roten Flora im Hamburger Schanzenviertel auf. Hunderte Menschen hatten sich auf der Piazza vor dem linksautonomen Zentrum versammelt, ohne den Mindestabstand zu beachten. Nach mehrmaliger Aufforderung, den Platz zu verlassen, spritzten zwei Wasserwerfer die Straße frei. Immer wieder stellten sich linke Demonstranten in den Weg.

Für den Abend hatte der vom Verfassungsschutz als gewaltorientiert eingestufte Rote Aufbau eine Demonstration am Hauptbahnhof angemeldet, die von der Versammlungsbehörde untersagt worden war. Dennoch versammelten sich mehrere Hundert Menschen. Verfolgt von starken Polizeieinheiten zogen sie los und wurden nach einigen Hundert Metern von der Polizei gestoppt.

Rund 150 Demo-Teilnehmer seien in einer Straße am Lohmühlenpark in St. Georg festgesetzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Gegen sie wurden Platzverweise ausgesprochen und Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen die Corona-Regeln eingeleitet. Ein 17-Jähriger wurde vorläufig festgenommen. Er hatte nach Polizeiangaben versucht, im Lohmühlenpark Einsatzkräfte mit einer Eisenstange zu schlagen. Verletzt wurde niemand.

Vor der Roten Flora kam es kurz vor Inkrafttreten der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen erneut zu einer spontanen Demonstration, bei der auch Bengalos gezündet wurden. Die Polizei schritt ein und stoppte den Zug. Als eine Flasche in Richtung Einsatzkräfte flog, wurde der mutmaßliche Werfer vorläufig festgenommen. Auch dabei wurde niemand verletzt.

Polizeisprecherin Sandra Levgrün zog eine positive Bilanz: Das Konzept der Polizei sei aufgegangen. "Wir waren an unterschiedlichen Stellen in der Stadt gefordert, weil sich immer wieder Menschen unerlaubt versammelt haben", sagte sie. Ziel sei es gewesen, "die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, ohne aber die gute Entwicklung beim Gesundheitsschutz zu gefährden." Daher sei es nur konsequent, "dass das verantwortungslose Verhalten der heute festgestellten Personen auch sanktioniert wird."

Der Innenexperte der Linken in der Bürgerschaft, Deniz Celik, warf der Polizei hingegen vor, der Pandemiebekämpfung einen Bärendienst erwiesen zu haben. "Immer wieder wurden Menschen in die Enge getrieben und zum Teil stundenlang in engstem Raum eingekesselt. Damit hat die Polizei eine Situation herbeigeführt, in der Abstände nicht eingehalten werden konnten und somit das vermeintliche Ziel des Infektionsschutzes konterkariert wurde."

Coronabedingt waren nach Angaben der Polizei Demonstrationszüge nur mit Ausnahmegenehmigung und auch dann nur mit maximal 50 Personen zulässig. An stehenden Versammlungen durften demnach mit Ausnahmegenehmigung maximal 200 Menschen teilnehmen.

In der Vergangenheit war es in Hamburg immer wieder zu schweren Ausschreitungen rund um den 1. Mai gekommen. Aber bereits in den vergangenen Jahren hatte sich die Lage beruhigt.

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