Hamburg. Hamburgs Corona-Inzidenz sinkt seit über einer Woche. Bürgermeister Tschentscher deutet das als Ergebnis der strengen Regeln des Senats mit Ausgangsbeschränkungen. Dass jetzt eine bundesweite “Notbremse“ gilt, findet er gut - aber nur in einer Hinsicht.

Bei der Corona-Notbremse will der Hamburger Senat auch weiterhin strengere Maßstäbe anlegen als vom Bund vorgegeben. Angesichts einer sinkenden Sieben-Tage-Inzidenz, die sich nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) der Marke von 100 nähert, betonte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Freitag: "Wir bleiben aus Vorsichtsgründen bei den Inzidenzermittlungen nach unseren eigenen Daten."

Der Wert der Hamburger Gesundheitsbehörde ist in der Regel stets höher als der vom RKI. Am Freitag gab die Behörde die Inzidenz mit 124,9 an, das Berliner Institut dagegen mit 108,5. Die neue Hamburger Corona-Verordnung gilt bis zum 21. Mai. In der vorigen Fassung war der 2. Mai als Ablaufdatum genannt worden.

Die Bundes-Notbremse greift, wenn der RKI-Wert an drei aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 überschreitet. Dann sollen ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen gelten. Diese sollen so lange in Kraft bleiben, bis die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet - dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft.

Tschentscher begrüßte, dass es nun eine bundesweit einheitliche Regelung gibt, fügte aber hinzu: "Leider hat der Bundestag die Vorgaben der Ministerpräsidentenkonferenz und auch die in Hamburg geltenden Regelungen zur Ausgangsbeschränkung im letzten Moment abgeschwächt." Das sei in dieser kritischen Lage nicht vertretbar. Die strengeren Hamburger Regelungen seien notwendig, verhältnismäßig und wirksam. "Unser Konzept hat sich bewährt", betonte der Bürgermeister.

Darum werde die nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hamburg weiterhin von 21.00 und 5.00 Uhr morgens gelten, und nicht wie im Bundesgesetz vorgesehen erst ab 22.00 Uhr. "Der späte Eintritt der Ausgangssperre gefährdet die Wirkung. Ein Vorziehen auf 20.00 Uhr wäre nachvollziehbar, aber eine Aufweichung in diesem Sinne ist nicht vertretbar", sagte Tschentscher. Hamburg übernimmt allerdings eine Verschärfung aus dem Bundesgesetz: Anders als bislang dürfen dann Menschen in der Hansestadt nach Mitternacht auch allein nicht mehr die Wohnung verlassen, um spazieren zu gehen oder zu joggen.

Auch das Einkaufen in Geschäften nach Terminvereinbarung (Click & Meet) werde nicht erlaubt. Die Regelung aus Bayern habe sich dort und im Saarland nicht bewährt - beide Länder hätten hohe Inzidenzwerte. "Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich diese Entwicklung für Hamburg nicht wünsche und dass wir diese bayerischen Lockerungen insofern nicht übernehmen." In Hamburg bleibe es dabei, dass Kunden vorbestellte Waren nur abholen dürften (Click & Collect).

Die Maskenpflicht wird in Hamburg ein weiteres Mal verschärft. Ab Samstag müssen Fahrgäste in Bussen und Bahnen eine FFP2-Maske oder einen Mund-Nase-Schutz nach vergleichbarem Standard (KN95) tragen. "Einfache medizinische Masken sind nach den Vorgaben des Bundes nicht mehr erlaubt", teilte der Senat mit. Auch Besuche beim Friseur und der Fußpflege sind nur noch mit FFP2-Maske möglich. Die Dienstleister selbst müssen ebenfalls einen Schutz nach diesem Standard tragen.

Wie vom Senat bereits in der vergangenen Woche beschlossen, können sich ab Samstag vollständig geimpfte Bewohner von Seniorenpflegeheimen untereinander wieder ohne Maske und Mindestabstand treffen. Sie brauchen sich auch nicht mehr routinemäßig testen zu lassen. Das geimpfte Pflegepersonal muss nur noch einen Schnelltest pro Woche machen. Besucher müssen sich indes weiterhin testen lassen, dürfen aber wie vor der Pandemie täglich kommen.

Um den Zeitpunkt für das Inkrafttreten dieser Lockerung hatte es Verwirrung gegeben. In einer ersten, am Freitag vom Senat veröffentlichten Lesefassung der Verordnung hatte es geheißen, sie gelte diesem Tage. Stunden später aktualisierte der Senat die Fassung mit dem neuen Zeitpunkt.

Eine bestimmte Lockerung des Bundesgesetzes will Hamburg übernehmen: Die Außenbereiche von Tierparks und botanischen Gärten dürfen wieder Öffnen. Der Tierpark Hagenbeck will ab Mittwoch wieder seine Pforten aufmachen, wie eine Sprecherin des Zoos sagte. Besucher müssen vorab einen Termin buchen und einen negativen Schnelltest nachweisen. Außerdem gilt an Wochenenden und Feiertagen in der Zeit von 10.00 bis 18.00 Uhr eine Maskenpflicht, wie der Senat mitteilte. Tschentscher betonte, dass das Robert Koch-Institut weiterhin auch im Freien das Tragen von Masken empfehle, wenn Mindestabstände von 1,50 Meter nicht eingehalten werden könnten.

Die Impfbereitschaft der Hamburger ist offenbar weiterhin hoch. Die Sonderaktion zur Verwendung von Astrazeneca an über 60-Jährige sei ein großer Erfolg, sagte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Martin Helfrich. Am Mittwoch und Donnerstag seien jeweils mehr als 8000 Menschen geimpft worden, am Freitag würden es voraussichtlich ebenso viele sein. Nun aber sei die Sonderaktion beendet. Über 70-Jährige und weitere Berechtigte der Prioritätsgruppen 1 und 2 könnten wieder Impftermine vereinbaren; 56 000 Termine würden in der kommenden Woche vergeben.

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