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„Prada-Rollator“: Hamburgerin gründet mit 71 Jahren Start-up

| Lesedauer: 5 Minuten
Startup-Gründerin Elke Jensen entwickelt CityCaddy

Startup-Gründerin Elke Jensen entwickelt CityCaddy

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Sie entwickelte den CityCaddy, mit dem ältere Menschen stilvoll reisen oder einkaufen gehen können.

Hamburg. Höhle der Löwen? Diese Gründershow im Fernsehen ist nichts für Elke Jensen. Sie lacht nur. Mit 71 Jahren ist sie ihren eigenen Weg gegangen und hat ihr Start-up gegründet. Nicht mithilfe von Großinvestoren, sondern mit Familie und Freunden. Denn um etwas Neues zu starten, ist man nie zu alt.

Mit ihrem CityCaddy möchte Frau Jensen älteren Menschen ermöglichen, stilvoll zu reisen oder einkaufen zu gehen. Ihre Erfindung liegt irgendwo zwischen Shopper, Trolley und Gehhilfe. „Prada-Rollator“, so hat sie den Caddy am Anfang genannt.

Edel-Hackenporsche: Hamburgerin ist hochwertiges Design wichtig

„Ich bin sehr gern unterwegs, zu Fuß oder auf Reisen. Dabei habe ich beobachtet, dass nichts Raffiniertes existiert, das zugleich eine sichere Fortbewegung und eine gute Körperhaltung unterstützt.“

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Als Produktdesignerin mit Sinn für Ästhetik legte sie bei der Entwicklung besonderen Wert auf ein hochwertiges Design, denn: „Ob als Mensch in der Blüte des Lebens oder als Best Ager, die Freude am Schönen sollte nie nachlassen.“ Und so ist der Edel-Hackenporsche mit 995 Euro nicht gerade günstig. „Dafür aber nachhaltig und langlebig“, so Frau Jensen.

Erste Ideen zum CityCaddy Jensen bereits 2015

Dass es so lange dauern wird, bis ein Produkt tatsächlich entwickelt und auf dem Markt ist, das hätte Frau Jensen auch nicht gedacht. Die ersten Ideen zu ihrem CityCaddy hatte sie bereits 2015, ihr Unternehmen gegründet hat sie dann vier Jahre später. Es folgten Jahre des Testens und Verbesserns.

Und nun ist er fertig, ihr Caddy. Dieser besteht aus einer Tasche in edlen Materialien sowie einem Caddy als Basis. Er soll ein Weggefährte auf Rollen sein: Er kann Gepäck transportieren, die Einkäufe aus dem Supermarkt oder als Stütze für eine Pause zwischendurch dienen. Bis zu 100 Kilogramm Last kann er tragen, er kann gezogen und geschoben werden und sei optimal für Zugreisen, sagt Frau Jensen, weil er sich gut durch die Gänge steuern lässt. Wichtig ist Elke Jensen die nachhaltige Produktion in Deutschland.

71-Jährige liebt Herausforderungen: "Bin eine Grenzgängerin"

17 Jahre lang hat die Frau in der sportlich-eleganten Hose und mit der modernen Brille an der Akademie für Mode und Design in Hamburg gelehrt, 15 Jahre als Designprofessorin. Die gebürtige Kielerin, die im ländlichen Schleswig-Holstein aufgewachsen ist, war schon immer neugierig. „Ich liebe Herausforderungen, habe so viel Energie und bin eine Grenzgängerin“, sagt sie.

Sie ist das beste Beispiel dafür, dass es nie zu spät ist, etwas zu starten und sich selbst zu verwirklichen. Einfach machen. Sie führte von 1984 bis 2001 eine Galerie für Gegenwartskunst, die „Galerie Jensen“. Seit ihrer Jugend schwärmt sie für Kunst, Design, Interieur und Produktgestaltung.

Studium in Kiel und Würzburg

So war sie viele Jahre seit ihrem Studium in Kiel und Würzburg in diesen Bereichen tätig, auch im Vorstand der internationalen Künstlerinnen Stiftung Die Höge und Gründungsmitglied der Plattform Kulturwerk West e. V. Vor zwei Jahren gründete sie ToSomKom: Das Label verbindet Produktdesignerinnen und Mitarbeiterinnen der Werkstätten des Landesvereins der Inneren Mission Schleswig-Holstein.

„Kunst und Design waren immer mein Thema. Es fasziniert mich, weil ich dadurch das verrückte Denken gelernt habe. Verrückt im Sinne von der Mitte weggerückt, die Dinge anders betrachten“, sagt sie. Die Erweiterung des eigenen Denkens, das sei es, was sie so schätze. Sie hat als Interiordesignerin in einem Möbelladen gearbeitet. Nun also ist die alleinstehende, geschiedene Frau Gründerin eines Start-ups.

Ihr Alter stand der Firmengründerin im Weg

„Ich bin keine Künstlerin, aber kreativ und innovativ. Ich habe schon immer Lust darauf gehabt, Dinge infrage zu stellen und Lösungen zu finden, das über das hinausgeht, was es schon gibt.“ So ist sie ja auch dazu gekommen, den CityCaddy zu kreieren. Denn auch ältere Menschen, sagt sie, sind eitel und legen Wert auf Ästhetik. „Das Alter ist keine Krankheit, sondern eine Lebensphase mit Schwächen. Aber man möchte sich ja nicht nur über seine Gebrechen identifizieren.“

Die gute Idee war da, aber ihr Alter stand der Firmengründerin doch im Weg. „Einen Kredit gibt mir keine Bank mehr“, sagt sie. Also hat sie einfach Freunde und Familie angesprochen und sie als Gesellschafter ins Unternehmen geholt. Sie hat sich um Experten gekümmert, wie Betriebswirtschaftler und Ingenieure. „Allein schafft man einen solchen Schritt nicht, Unternehmerin zu werden.“

Manufakturen in Deutschland

Wichtig war Elke Jensen, ihr Produkt in Manufakturen in Deutschland fertigen zu lassen. So arbeitet sie mit der Firma Malapert und Matzke in Wedel zusammen. Derzeit gibt es zwei Modelle: in orangem Leder mit violetten Akzenten sowie in Paperbag-Optik mit orangem Riemen und gestreiftem Tragegurt. In Zukunft wird die Caddy-Tasche in verschiedenen Farben und Varianten erhältlich sein, auch individuell nach den Wünschen der Kundinnen. Lieferzeit: sechs bis acht Wochen.

Und Elke Jensen? Die zeigt Humor, lacht und sagt: „Und nun möchte ich den Erfolg meines Produktes aber auch noch erleben.“

Weitere Infos: www.citycaddy.de

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