Kiel.

Der FDP-Landtagsabgeordnete Jan Marcus Rossa will vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Corona-Notbremse klagen. "Da ich von den Rechtsfolgen dieses Gesetzes unmittelbar betroffen sein werde und ich die Ausgangssperren für verfassungswidrig halte, bleibt letztlich nur der Gang nach Karlsruhe", sagte der Jurist am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das neue Infektionsschutzgesetz unterzeichnet. Die darin enthaltene Notbremse sieht bei hohen Infektionszahlen Ausgangsbeschränkungen ab 22.00 Uhr vor.

"Ein Automatismus für bestimmte Schutzmaßnahmen, der ohne Einzelfallbetrachtung massiv in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingreift, ist für mich nicht akzeptabel", sagte Rossa. Schleswig-Holstein zeige, dass zentralistische Eingriffe in der Pandemie-Bekämpfung unnötig seien.

"Mit konsequenten Maßnahmen war es gelungen, dass in Flensburg das dynamische und dramatische Infektionsgeschehen Anfang des Jahres mit Inzidenzwerten von deutlich oberhalb 150 abgebremst und erfolgreich eingedämmt werden konnte", sagte Rossa. "Und die Erkenntnis aus diesem Krisenmanagement ist, dass die Ausgangssperre allem Anschein nach keinen messbaren Beitrag geleistet hat, also wirkungslos war."

Rossa warf der großen Koalition vor, Bedenken renommierter Verfassungsrechtler zu ignorieren. "Diese Ignoranz der Politik gegenüber Experten ist unerträglich und leider auch für unseren Rechtsstaat nicht ohne Risiko." Rossa lebt im Kreis Herzogtum Lauenburg, für den das Robert Koch-Institut die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen am Donnerstag mit 109,1 angab - das hätte Ausgangssperren zur Folge nach Inkrafttreten der Notbremse.

"Die Bundes-Notbremse entlarvt ein weiteres Mal den Dilettantismus der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Corona-Krise in unserem Land", sagte Rossa. Er vermutet als wahres Motiv hinter der Gesetzesänderung die Schlappe, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Ministerpräsidentenkonferenz hinnehmen musste. "Jedes Mal, wenn sich die Bundesregierung gegenüber den Ländern nicht durchsetzen konnte, wurde eine solche Niederlage mit immer rigoroseren Maßnahmen gekontert." Verletzte Eitelkeiten dürften aber nicht ausschlaggebend sein.

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