Hamburg. Die Intensivstationen füllen sich mit Covid-19-Patienten und sie bleiben länger. Dem Hamburger UKE-Intensivmediziner Stefan Kluge macht das Sorgen. Er warnt deshalb vor Leichtsinnigkeit und hat eine klare Ansage an die Politik.

Dem Direktor der Klinik für Intensivmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), Stefan Kluge, zufolge sind in Hamburg derzeit nur noch wenige Betten für Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen frei. "In den Isolierbereichen mit "Maximaltherapie", also mit der Möglichkeit einer invasiven Beatmung, wie sie jeder zweite Intensivpatient bei Covid braucht, gibt es noch 24, in 22 meldenden Krankenhäusern", sagte der Mediziner am der Wochenzeitung "Die Zeit" (Donnerstagsausgabe). Das sei nicht viel für eine Millionenstadt. "Wir segeln hart am Wind."

Kluge geht davon aus, dass die dritte Welle größer wird als die zweite. Seine Mahnung fällt entsprechend deutlich aus: "Es ist jetzt keine Zeit mehr für Diskussionen. Wir brauchen die Ausgangsbeschränkungen und andere Elemente der Notbremse sofort. In Hamburg sieht man, dass die Menschen das annehmen. Die Zahlen müssen runter, sonst können wir es bald nicht mehr ausbalancieren. Jeder Tag, der ungenutzt vergeht, ist ein großer Fehler."

Zudem würden die Corona-Intensivpatienten jünger und es seien immer wieder auch Schwangere darunter. "In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft hat die Lunge weniger Raum sich auszudehnen, die Frauen haben dann weniger Luft - und eine Lungenentzündung, wie sie Sars-CoV-2 auslösen kann, ist eine besonders kritische Situation." Bislang habe das Team aber allen Frauen und ihren Babys helfen können.

Kluge appellierte eindringlich an jeden, nicht leichtsinnig zu werden. "Bei uns landen alle, von Professor bis zum Hafenarbeiter, Eltern und Alleinstehende, junge Leute und Rentner. Es gibt hundert Wege, sich anzustecken. Für mich ist das Hauptrisiko da draußen: Die Menschen unterschätzen, wie gefährlich auch schon flüchtige Kontakte sein können, sie unterschätzen die britische Variante."

Aufgrund der steigenden Corona-Patientenzahlen habe das Klinikum bereits wieder planbare Eingriffe reduzieren müssen. Bislang habe aber noch kein Patient abgewiesen werden müssen.

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